„Vertrag ist glasklar“ Von der Leyen mahnt Astrazeneca im Impfstoff-Streit

Brüssel · EU-Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat die Corona-Impfstrategie der Europäischen Union verteidigt und den Hersteller Astrazeneca zu klaren Lieferzusagen gedrängt.

 EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Archiv).

EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (Archiv).

Foto: AFP/JOHN THYS

„Was ich verlange, ist Transparenz und Planungssicherheit“, sagte von der Leyen am Freitag im Deutschlandfunk.

Der britisch-schwedische Pharmakonzern habe vor einer Woche sehr überraschend und ohne plausible Erklärung eine Lieferkürzung angekündigt. Dabei seien die Bestellungen der EU verbindlich und nicht mit Einschränkungen versehen. „Der Vertrag ist glasklar“, sagte von der Leyen. Um das zu zeigen, wolle man das Dokument an diesem Freitag veröffentlichen.

Angesichts der kurzen Entwicklungszeit der Impfstoffe binnen zehn Monaten während der Pandemie seien Startschwierigkeiten völlig nachvollziehbar. „Das ist in Ordnung“, sagte die Präsidentin der Europäischen Kommission. Doch wolle man eine Erklärung, so dass gemeinsam Lösungen gefunden werden könnten.

Vorwürfe an ihre Adresse wies von der Leyen zurück. Die EU-Kommission habe den Vertrag mit Astrazeneca rechtzeitig abgeschlossen. Dass Großbritannien früher bestellt habe, spiele für die Lieferpflichten des Unternehmens keine Rolle. „Das ist nicht wie beim Bäcker, wo man Schlange steht“, sagte sie.

Dass in Großbritannien inzwischen mehr als zehn Prozent der Bevölkerung einmal geimpft wurden, während es in Deutschland nur rund zwei Prozent sind, führte sie auf die genauere Prüfung des Impfstoffs durch die EU-Arzneimittelbehörde EMA zurück. Man setze auch in dieser Notlage bewusst auf eine bedingte Marktzulassung statt nur eine Notzulassung, weil es „keine Abkürzung bei der Sicherheit“ geben dürfe. „Diese drei, vier Wochen muss man sich dann Zeit nehmen“, sagte von der Leyen.

Die EMA will an diesem Freitag ihre Empfehlung über die Zulassung des Impfstoffs von Astrazeneca abgeben. In Deutschland hat die Ständige Impfkommission inzwischen empfohlen, das Mittel nur Erwachsenen unter 65 Jahren zu spritzen, weil für Ältere zu wenig Testdaten vorlägen. Die EU-Staaten sollen bis zu 400 Millionen Impfdosen von Astrazeneca bekommen.

Astrazeneca will im Streit mit der EU derweil jetzt den Liefervertrag offenlegen. Das sagte am Donnerstagabend ein EU-Vertreter der Nachrichtenagentur Reuters. Allerdings habe das Unternehmen darauf bestanden, sensible Passagen des Vertragswerks zu schwärzen. Astrazeneca hatte vergangene Woche Produktionsengpässen in einem Werk in Belgien eingeräumt und angekündigt, die der EU zugesagten Liefermenge bis Ende März nicht einhalten zu können. Astra-Zeneca-Chef Pascal Soriot hatte erklärt, sein Unternehmen habe eine „Best effort“-Vereinbarung mit der EU abgeschlossen. Das heiße, dass man die zugesagten Mengen habe liefern wollen, dazu aber nicht vertraglich verpflichtet zu sein. Dies sieht die EU anders.

(hebu/dpa/Reuters)
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