„Klatschen könnt ihr euch sonst wo hinstecken“ Krankenschwester platzt auf Facebook der Kragen

Berlin · Der Facebook-Post einer Berliner Krankenschwester geht derzeit viral: Die 28-jährige Nina Magdalena Böhmer ist in Zeiten der Corona-Krise offenkundig sauer auf das Robert-Koch-Institiut und rechnet mit dem Gesundheitssystem ab.

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Foto: dpa/Fabian Strauch

Die Berliner Krankenschwester Nina Magdalena Böhmer arbeitet an vorderster Front in der Corona-Krise und bekommt die Auswirkungen des grassierenden Virus hautnah mit. Nun hat sie auf Facebook ihrem Frust freien Lauf gelassen und ein langes Statement zur derzeitigen Situation ihrer Berufsgruppe geschrieben – und damit einen viralen Hit gelandet. Mehr als 60.000-mal wurde ihr Brandbrief geteilt.

Die 28 Jahre alte Frau ist „doll traurig und enttäuscht, ich fühle mich verarscht und ich kann es nicht fassen. Ich bin ernsthaft sprachlos.“ Sie kann nicht nachvollziehen, wie das Robert-Koch-Institut (RKI) die Quarantäne-Vorgaben für Angestellte im medizinischen Sektor lockern konnte. Bis vor einer Woche mussten diese bei Kontakt mit Infizierten für 14 Tage in Quarantäne. Zeigen die Angestellten allerdings keine Symptome, werden sie nun nach Kontakt mit Covid-19-Patienten nach einigen Tagen Quarantäne wieder in den Dienst geschickt. „Und jetzt müssen wir nicht mehr in Quarantäne nach Kontakt, wir können schon früher zur Arbeit gerufen werden, sagt das RKI! Diejenigen die hier empfehlen das am besten Alle zu Hause bleiben sollen wegen dem gefährlichen Virus! Schämt euch, diejenigen, die das RKI hoch in den Himmel heben!“

Auch ihre Meinung zu den zahlreich stattfindenden Solidaritätsbekundungen mit Pflegern, Ärzten, Krankenschwestern und anderem medizinischen Personal ist mehr als klar: „Und euer Klatschen könnt ihr euch sonst wo hinstecken ehrlich gesagt...Tut mir leid es so zu sagen aber wenn ihr helfen wollt oder zeigen wollt wie viel wir Wert sind dann helft uns für bessere Bedingungen zu kämpfen!“

Böhmer kritisiert zudem den Zustand im Pflegesystem, die geringe Bezahlung und die dem Personal nun entgegengebrachte Erwartungshaltung: „Wir sollen jetzt die Helden sein und werden so behandelt? Eigentlich sollten genau jetzt alle Pflegekräfte ihren Job kündigen!“

Zudem fragt sie sich auch, wie sie als Krankenschwester den geforderten Mindestabstand zu anderen Personen aufrechterhalten soll: „Wie soll ich anderthalb Meter Abstand halten, wenn ich eine Person wasche oder ihr Blut abnehme? Das finde ich fahrlässig.“

Es gebe derzeit nur ein Thema: das Coronavirus. Doch das Thema Pflegenotstand sei schon seit Jahren bekannt gewesen und nichts sei passiert – sagte Böhmer dem „Tagesspiegel“.

Eigentlich habe sie Urlaub nehmen wollen, den habe sich aber auf unbestimmte Zeit verschoben, sagt sie. Sie habe sich freiwillig zum Arbeiten gemeldet.

(mja)
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