Essenerin als Krisenhelferin in Mosambik „Man weiß gar nicht, wo man anfangen soll zu helfen“

Düsseldorf/Beira · Mehr als 700 Tote, Elend überall. Der Zyklon „Idai“ hat Teile Mosambiks mit voller Härte getroffen. Viele Gegenden sind zerstört. Wir haben mit einer Essener Krisenhelferin gesprochen, die den leidgeplagten Menschen vor Ort hilft.

 Etliche Häuser in Mosambik sind verwüstet. Hier ein Bild von Daniela Gimbel aus Beira. Ganze sieben Jahre hat der Bau dieses Hauses für die Kinderdorf Mütter gedauert. Jetzt ist es zerstört.

Etliche Häuser in Mosambik sind verwüstet. Hier ein Bild von Daniela Gimbel aus Beira. Ganze sieben Jahre hat der Bau dieses Hauses für die Kinderdorf Mütter gedauert. Jetzt ist es zerstört.

Foto: Daniela Gimbel

Daniela Gimbel ist Sozialarbeiterin und Krankenschwester und ist derzeit als Helferin der Organisation „SOS-Kinderdörfer“ im Katastrophengebiet von Mosambik nach dem Zyklon „Idai“. Stationiert ist sie in Beira. Ihr Job: Aufklärung rund um das Thema Hygiene und Wiederaufbauhilfe. Wir haben mit ihr gesprochen.

Sie sind seit letzter Woche Sonntag in Mosambik. Wie haben Sie erfahren, dass Sie ins Katastrophengebiet reisen?

Daniela Gimbel: Ich wurde gefragt, ob ich mir vorstellen kann, in Mosambik zu helfen. Konkreter wurde es dann am vergangenen Donnerstag, als dann auch klar war, wie lange ich bleibe. Am Samstag bin ich dann geflogen. Ich bleibe insgesamt drei Wochen.

Dann kommen Sie in Mosambik an - können Sie Ihren ersten Tag beschreiben?

Gimbel: Ich bin in der Hauptstadt Maputo gelandet und von dort einen Tag später nach Beira gefahren. Am Flughafen sah man viele Hilfstrupps – vom THW bis zu chinesischen Hundertschaften. In Beira am Flughafen konnte man sehen, wie der Schriftzug „Airport Beira“ in sich zusammengeklappt ist. Da sieht man schon zu Beginn die große Zerstörung.

Die Lage scheint dramatisch vor Ort.

 Kinderkrankenschwester und Sozialarbeiterin Daniela Gimbel aus Essen hilft in Mosambik

Kinderkrankenschwester und Sozialarbeiterin Daniela Gimbel aus Essen hilft in Mosambik

Foto: Daniela Gimbel

Gimbel: Die Zerstörung sieht man sofort. Die Bäume liegen entwurzelt auf dem Boden, viele Häuser im Kinderdorf sind gottseidank verschont geblieben. Ansonsten sind wenige Häuser verschont geblieben. Von den Häusern der „SOS Kinderdorf Mütter“ zum Beispiel ist keines mehr heil. Angefangen von fehlenden Dächern bis zur kompletten Zerstörung. Am meisten hat es die Leute getroffen, die eh schon nicht viel haben. Die leben in den entlegeneren Gebieten. Da hat der Zyklon richtig heftig zugeschlagen. Die Häuser standen unter Wasser, das Dach ist weg. Die Lebensmittelvorräte sind alle durchnässt. Es ist hier auch kaum etwas an Gemüse und Obst zu bekommen, weil die Nahrungsmittel von außen kommen und dafür die Straßen freigemacht werden müssen.

Was ist Ihre genaue Aufgabe vor Ort im Katastrophengebiet?

Gimbel: Ich bin als erstes zum SOS-Kinderdorf nach Beira gefahren. Die größte Sorge sind derzeit Erkrankungen wie Durchfall oder Cholera. Wir klären die Kinder und Familien auf, wie kann man vermeiden, dass sich Keime weiterverbreiten? Wie schützt man sich richtig? Es gibt außerdem noch Familien, die unsere Organisation außerhalb der Kinderdörfer trifft. Da wird auch erstmal eine Bestandsaufnahme gemacht und geschaut, was wo nötig ist. Für uns geht es derzeit vor allen Dingen um Prävention und Wiederaufbauhilfe der kaputten Häuser.

Wenn Sie nach getaner Arbeit in Ihrem Hotelzimmer sind, können Sie das Erlebte dann einfach abhaken? Es ist ja schon eine Ausnahmesituation, in der Sie sich befinden.

Gimbel: Ja, auf jeden Fall. Es ist nur eine begrenzte Zeit, die ich hier bin. Daher versuche ich, in der Zeit so viel zu schaffen, wie es geht. Da bin ich auch typisch deutsch und setze mich abends hin und mache mir einen Plan für den kommenden Tag. Der klappt dann natürlich nicht immer so, wie man sich das vorstellt. Es sind hier natürlich auch andere Verhältnisse. Wir fallen ja nicht hier ein und geben den Mitarbeitern vor, was sie zu tun haben. Wir setzen uns hier zusammen und schauen gemeinsam, was das Beste für die Betroffenen ist. Trotzdem versuche ich für mich, einen Plan zu machen. Abschalten kann ich dann gut. Abends versuche ich, mit meiner Familie in Kontakt zu kommen. Da muss man ja auch ein Lebenszeichen senden, die machen sich schließlich auch Sorgen. Und ein Bier im Hotel ist dann auch drin – das braucht man aber auch einfach.

Wie hat denn Ihre Familie reagiert, als sie von Ihrem Einsatz erfahren haben.

Gimbel: Überrascht war keiner, sie kennen ja meine Geschichte und wissen, dass ich schon unterwegs war. Meine Mutter sagte mir: Kind, ich habe es in den Nachrichten gesehen und hatte im Gefühl, dass du hinfährst.

Da kennt Ihre Mutter Sie aber gut.

Gimbel: Ja auf jeden Fall. Meine Familie unterstützt mich sehr, sie findet es gut, dass ich in Mosambik bin und helfe.

Der Zyklon mit all seinen Auswirkungen und Leid in Mosambik ist in Deutschland kein großes Nachrichten-Thema. Der Terroranschlag in Christchurch mit 50 Toten aber schon. Wie können Sie sich das erklären?

Gimbel: Vielleicht ist es einfach so, dass der Mensch gegen die Naturkatastrophen machtlos ist. Das kann man sich nicht erklären und sagt: Gut, das ist die Natur. Attentate hingegen sind vom Menschen gemacht und die muss man erklären und setzt sich damit viel mehr auseinander. Gegen Naturkatastrophen ist man nicht gewappnet und kann daran nichts ändern. Neuseeland ist vielen näher, da können sich die Menschen eher mit identifizieren.

Das Elend vor Ort ist groß, es gibt viele Tote – wie sind die Hilfsorganisationen in Mosambik denn aufgestellt?

Gimbel: Manchmal weiß man gar nicht, wo man anfangen soll zu helfen. Und es kommt einem vor wie der Tropfen auf dem heißen Stein. Das Problem sind hier nicht nur das Elend und die Verwüstung, sondern auch der enorme Preisanstieg in allen Bereichen. Sei es bei den Lebensmitteln oder bei den Materialien für den Hausbau.

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