Versorgungskrise auf spanischen Urlaubsinseln Streik sorgt für leere Regale auf Mallorca und den Kanaren

Palma/Madrid · Auf den spanischen Inseln Mallorca und den Kanaren bleiben immer mehr Einkaufsregale leer. Der Grund ist ein Streik der Lastwagen-Fahrer in Spanien.

 In einem Supermarkt in der Stadt Cáceres im Westen von Spanien gehen Kunden an einem leeren Regal vorbei.  Foto: Gustavo Valiente/imago

In einem Supermarkt in der Stadt Cáceres im Westen von Spanien gehen Kunden an einem leeren Regal vorbei. Foto: Gustavo Valiente/imago

Foto: Meng Dingbo / IMAGO

Erst waren es nur ein paar Hundert Lastwagenfahrer, die wegen der horrenden Treibstoffpreise damit begannen, Autobahnen, Innenstädte, Häfen und Großmärkte zu blockieren. Das war Mitte März. Spaniens Regierung sprach damals von einer „kleinen Minderheit“ von Transporteuren. Doch mit jedem Tag wächst die Zahl der streikenden Lkw-Fahrer, die wegen der hohen Treibstoffpreise auf die Barrikaden gehen. Inzwischen ist es ein Massenstreik, der zu einer großen Versorgungskrise führte – auch in den Feriengebieten. Immer mehr Geschäftsregale bleiben leer.

Mehrere Lebensmittelfabriken mussten bereits schließen, weil notwendige Rohstoffe nicht mehr angeliefert werden oder weil fertige und verderbliche Produkte nicht mehr zu den Verbrauchermärkten transportiert werden können. Deswegen werden zum Beispiel Milch und Joghurt in Spanien knapp. Etliche große Molkereien stoppten die Produktion. Das hat fatale Folgen für die Milchbauern: „Wir müssen die Milch wegschütten, weil niemand kommt, um sie abzuholen“, klagt der Landwirt Roberto López im spanischen Fernsehen.

Mineralwasserkonzerne und Bierbrauereien kündigten eine Einstellung des Betriebes an. Mangels Flaschen und Getränkekartons kann nicht mehr abgefüllt werden. Die Viehzüchter bereiten sich auf Notschlachtungen vor, weil für ihre Tiere kein Futter mehr ankommt. In den Werken von VW und Mercedes stehen die Fließbänder still. Auf vielen Baustellen geht der Beton aus, weil die Zementfabriken keinen Nachschub mehr schicken können. Auch mehrere Stahlwerke hielten die Produktion an.

Die sich zuspitzende Krise trifft die Urlaubshochburgen Mallorca und Kanaren besonders heftig. Denn die Spediteure blockieren die Fährhäfen, sodass viele Waren für die Inseln nicht mehr verschifft werden können. Die Handelskammer Mallorcas warnte, dass es bereits „ernsthafte Probleme“ gebe, besonders bei verderblichen Lebensmitteln und Grundstoffen für die Produktion in den Inselfabriken.

Auf den Kanaren sieht es ähnlich aus. Dort kommt ein weiteres Problem hinzu: Mehrere Millionen Kilogramm von kanarischen Bananen, dem wichtigsten Exportprodukt dieser Vulkaninseln, können nicht ausgeliefert werden und werden wohl die nächsten Tage auf der Müllhalde landen. Vergleichbare Probleme haben die Erdbeerbauern in Südspanien, die normalerweise Supermärkte in ganz Europa beliefern und nun auf großen Teilen ihrer Produktion sitzen bleiben. März ist Hochsaison auf den andalusischen Erdbeerplantagen, auf denen in diesen Tagen Zehntausende von Tonnen der verderblichen Früchte abgeerntet werden müssen. 

Zwar versucht die Polizei, „sichere Versorgungskorridore“ zu organisieren, indem sie Lkw-Konvois durchs ganze Land eskortiert. Doch dies scheint den wachsenden Versorgungsnotstand nur geringfügig lindern zu können. Inzwischen werden sogar schon Rufe nach dem Einsatz des Militärs laut, um eine Grundversorgung des Landes aufrechtzuhalten. Die Sorge in der spanischen Bevölkerung, in den nächsten Tagen oder Wochen ohne Nahrungsmittel dazustehen, führt zu immer mehr Hamsterkäufen, die die Situation weiter verschärfen. Landwirtschaftsminister Luis Planas rief die Menschen deswegen auf, Ruhe zu bewahren und die Krise nicht durch Panikkäufe anzuheizen.

Spaniens Regierung kommt durch den sich täglich verschärfenden Streik immer mehr unter Druck. Denn nicht nur die Spediteure, sondern auch Taxi- und Busunternehmen sowie Fischer und Landwirte fordern inzwischen staatliche Treibstoffhilfen. In der Bevölkerung wächst ebenfalls der Ärger angesichts der hohen Benzin- und Dieselpreise, die zum Beispiel vielen Berufspendlern zu schaffen machen. Hinzu kommt in Spanien eine bedenkliche Jahresinflationsrate von 7,6 Prozent, welche die Preisspirale für Güter des täglichen Bedarfs in die Höhe treibt.

Ein Ende des Ausstandes ist noch nicht absehbar. Die Tourismusbranche warnt derweil davor, dass der Streik die nahende Osterferiensaison in Gefahr bringe, da auch den Hotels und Restaurants der Nachschub ausgehen könnte.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort