„Es ist die Hölle“ Instagramer nehmen Straße in Paris ein - jetzt wehren sich die Anwohner gegen den Hype

Paris · Paris ist die Hauptstadt Frankreichs und einer der Instagram-Magnete der Welt. Nicht nur der Eiffelturm steht im Fokus der Touristenscharen. Auch ein kleine Straße im 12. Arrondissement. Die Bewohner haben darauf aber gar keine Lust.

 Instagram-Posts wie diesen gibt es zuhauf. Das ärgert die Anwohner.

Instagram-Posts wie diesen gibt es zuhauf. Das ärgert die Anwohner.

Foto: Instagram Rue Cremierux/Screenshot Instagram

Eiffelturm kann jeder! Täglich drängeln sich abertausende Touristen vor dem Wahrzeichen von Paris, um ein Selfie von sich und dem Stahlmonster im Hintergrund auf Instagram zu posten. Die Botschaft ist ebenso simpel wie deutlich: Ich! Bin! In! Paris!

Der wahre Instagram-Profi hechelt aber natürlich nicht der Masse hinterher, er ist auf der Suche nach dem Besonderen – und das findet er in der Rue Crémieux im 12. Arrondissement von Paris. Doch auch dort ist er inzwischen nicht mehr ganz allein, denn das Internet kann keine Geheimnisse für sich bewahren. „Es ist die Hölle“, klagt eine Anwohnerin des etwa einhundert Meter langen Sträßchens. „Man hat keine Ruhe mehr, die Leute sehen in unsere Fenster, sitzen vor unseren Türen und machen Lärm bis tief in die Nacht.“

Das Verhängnis nahm seinen Anfang im Jahr 1990. Damals wurde die Rue Crémieux zur Fußgängerzone umgestaltet. Die Anwohner fühlten sich wohl, stellten große Blumenkübel vor ihre Haustüren auf das neue, schöne Straßenpflaster und einige kamen auf die Idee, die Fassaden bunt anzustreichen. Das fanden immer mehr Bewohner schön, bis schließlich die ganze Straße vor allem im Sommer einer kunterbunten Märchenlandschaft glich. Eines Tages aber begab es sich, dass sich wahrscheinlich ein Instagram-Influencer in die Straße verirrte. Vielleicht hatte er auf dem nahen Gare de Lyon seinen Anschlusszug verpasst und musste nun ein oder zwei Stunden totschlagen. Auf jeden Fall postete er Fotos von dieser lustig bemalten Straße und mit den Glück Anwohner hatte es ein unerwartetes Ende.

„Es muss vor zwei Jahren gewesen sein“, erinnert sich die Frau, die in der Rue Crémieux in einem wunderschönen blauen Haus wohnt. Damals tauchten plötzlich immer mehr junge Menschen auf, die mit ihren Smartphones Fotos machten. „Anfangs war es ja noch witzig“, räumt sie ein, und etwas stolz sei man auf die plötzliche Internet-Berühmtheit auch gewesen. Aber nun sei es eindeutig zu viel geworden. Horden von Menschen strömen jeden Tag durch die Straße, manche ziehen laut scheppernd ihre Rollkoffer über das Pflaster.

Über 32.000 Einträge sind auf Instagram unter dem Hashtag #RueCremieux zu finden und locken immer mehr Instagramer an. Doch die Anwohner halten inzwischen dagegen. Sie haben - ebenfalls auf Instagram – den #ClubCremieux ins Leben gerufen, auf dem dokumentiert wird, welchen Unsinn manche Menschen machen, wenn sie ein originelles Foto posten wollen.

„Es würde uns ja nichts ausmachen, wenn die Leute durch die Straße gehen, ein Foto machen und dann wieder gehen“, sagt die Frau aus dem blauen Haus. „Aber manche Teenagergruppen feiern hier im Sommer regelrechte Partys.“ Oft kämen auch Filmteams vorbei, die in der Rue Crémieux Fotoshootings machen oder sogar Musikvideos drehten – natürlich bei voller Lautstärke. „Die Menschen kennen einfach keine Grenze.“ Die Bewohner der Straße würden dem Treiben nun gerne ein Ende setzen. Sie fordern, dass die Straße gesperrt wird. Sie wollen die Instagram-Gemeinde natürlich nicht völlig ausschließen, aber zumindest am Wochenende und in der Nacht wollen sie ihre Ruhe haben.

(kro)
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