Wardt Die bunte Fimo-Welt des Reinhard Fritz

Wardt · Seit über 20 Jahren formt der Wardter Figuren aus Knetmasse. Dabei achtet er auch auf jedes noch so kleine Detail.

 Oben: Reinhard Fritz mit seiner Ehefrau Sigrid und einigen seiner Fimo-Hausgenossen: (v.l.) Sigrid Fritz in ihrem Liegerad, WDR-Moderator Jean Pütz, Komiker Otto, TV-Legende Rudi Carrell, Politiker Norbert Blüm, Reinhard Fritz in seinem Liegerad. Unten: Figuren aus Fritz' Fimo-Welt, Mitte: Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Oben: Reinhard Fritz mit seiner Ehefrau Sigrid und einigen seiner Fimo-Hausgenossen: (v.l.) Sigrid Fritz in ihrem Liegerad, WDR-Moderator Jean Pütz, Komiker Otto, TV-Legende Rudi Carrell, Politiker Norbert Blüm, Reinhard Fritz in seinem Liegerad. Unten: Figuren aus Fritz' Fimo-Welt, Mitte: Bundeskanzlerin Angela Merkel.

Foto: armin fischer (1)/privat

"Hier ist mein Reich." Dieses Reich ist ein kleiner Raum, etwas mehr als vier Quadratmeter groß mit Vitrinen und Schränken an der Wand. Vor dem Fenster auf der schmalen Arbeitsplatte hat Reinhard Fritz seine Werkzeuge, zwei Schaber ähnlich den Nagelhautschiebern und eine Nudelmaschine.

Mehr braucht er nicht, von diesem knetbaren Kunststoff Fimo, von seiner Fingerfertigkeit und Fantasie einmal abgesehen. Der 61-Jährige modelliert kleine Figuren und Köpfe, erfundene Charaktere, aber vielfach auch Prominente.

Hinter Glas stehen sie friedlich beisammen. Bundeskanzlerin Angela Merkel und ihr Vor-Vorgänger Helmut Kohl (aus schlanken Zeiten), Pfeifenraucher Helmut Schmidt und Willy Brandt, Ex-Bundesarbeitsminister Norbert Blüm mit der Schüppe in der Hand, Frankenstein und Woody Allen in jungen Jahren. Dazwischen ein Schützenkönig in vollem Ornat, der kleine Hauself Dobby aus den Abenteuern von Harry Potter und ein Mann mit erheblichen Blasenbeschwerden, wie man am dunklen Fleck auf der Hose sehen kann.

Darunter ist auch so manche politische Aussage, wenn zum Beispiel Angela Merkel den kranken Euro mit einem Verband vor sich herträgt oder verständnislos die (nicht ernst gemeinte) Liste von potenziellen Kandidaten für den Bundespräsidenten durchgeht.

Die Figuren sind 15 bis 20 Zentimeter groß, die Porträtbüsten nur knapp vier Zentimeter. Trotzdem ist jede Falte, jede Runzel erkennbar. Reinhard Fritz legt Wert aufs noch so kleinste Detail. Darum ist der Weg bis zu einem Platz in der Vitrine lang, weiß der Wardter. Fimo, aus dem früher Mädchen ihren ersten Schmuck gebastelt haben, muss weich geknetet werden.

An einem Gerüst aus Draht und Alufolie formt sich Fritz von unten nach oben. Zuerst sind Schuhe und Beine dran, dann bei 110 Grad ab in den Backofen, anschließend der Oberkörper und der Kopf. Noch einmal härten. Farbe kommt kaum zum Einsatz, allenfalls mal um die Lippenkonturen rot nachzuziehen. Selbst die Augeniris, kleiner als ein Stecknadelkopf, ist aus Fimo.

"Ich mache vorher keine Zeichnung, sondern versuche aus dem Kopf heraus umzusetzen", sagt Reinhard Fritz. "Die Ideen kommen aus der Zeitung und dem täglichen Leben." Wie bei den beiden alten Närrinnen mit einer Luftschlange um den Hals und schrill-bunt gekleidet, wie es sich zu Karneval gehört.

Bei den Figuren muss man schon genau hinschauen, um die Feinheiten zu entdecken. Die farbenfrohen Hawaii-Hemden, auch wenn sie noch so klein sind, haben eine Stoffstruktur. Hier kommt die Nudelmaschine zum Einsatz, um zunächst das Fimo hauchdünn zu walzen. Anschließend legt Fritz ein normales Tuch auf die Platten und drückt mit einer Walze das Muster des Stoffes in den weichen Kunststoff.

Vor über zwei Jahrzehnten erlag der Justizvollzugsbeamte dem Fimo-Fieber, als seine Tochter eines Tages mit dem Bastelmaterial ankam. Der Vater versuchte sich ebenfalls daran und modellierte, was das Zeug hielt. Bereits diese ersten Figuren sahen, wie er heute schmunzeln feststellt, besser aus als jene im Vorlagenheft.

Bald entdeckten auch die Kollegen das Talent des Xanteners und gaben bei ihm Selbstportraits in Auftrag. "Was ich heute anfertige, ist für mich nur so zum Spaß", sagt er. Aufträge nimmt er deshalb derzeit überhaupt nicht mehr an. "Vielleicht später wieder." Denn zunächst einmal will er seine bevorstehende Pensionierung anderweitig genießen.

(RP/rl)
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