Projekt der IHK zu Köln in Wermelskirchen Zwei Wochen lang zur Probe elektrisch fahren

Wermelskirchen · Jörg Gösser konnte dank eines Projekts der IHK zwei verschiedene E-Fahrzeuge testen – sein Fazit fällt allerdings durchwachsen aus.

 Jörg Gösser testete für das IHK-Projekt „Mobilitäts-Testwochen“ zwei verschiedene E-Autos – auf dem Bild der Ford Street-Scooter, den der Autohersteller zusammen mit der Post entwickelt hat.

Jörg Gösser testete für das IHK-Projekt „Mobilitäts-Testwochen“ zwei verschiedene E-Autos – auf dem Bild der Ford Street-Scooter, den der Autohersteller zusammen mit der Post entwickelt hat.

Foto: Viktor Marinov

Mitarbeiter, Pflanzen und vor allem Steine: Jörg Gösser muss viel transportieren für seinen Garten- und Landschaftsbaubetrieb. Ob ein Auto mit elektrischem Antrieb für diese Arbeit taugen würde, wusste der Wermelskirchener nicht. Frei nach dem Motto „Probieren geht über Studieren“ hat er zwei Fahrzeuge getestet – jeweils eine Woche und ohne dafür zu bezahlen. Möglich gemacht hat es ein Projekt der Industrie- und Handelskammer zu Köln, die auch für das Bergische Land zuständig ist. Noch können sich Betriebe für einen Test bewerben.

„Der Umweltgedanke hat eine Rolle gespielt, aber es war auch eine große Portion Neugier dabei“, sagt Gösser. Im Autohaus könne man so ein Auto vielleicht einen halben Tag probefahren. Das reiche ihm nicht, vor allem nicht, wenn es sich um ein neues Fahrzeug für seinen Betrieb handelt. Zwei Modelle hat er getestet: den Ford Street-Scooter, der in Kooperation mit der Post gebaut wurde und den RAV4, ein Hybrid-SUV von Toyota. Sein Fazit ist durchwachsen, aber optimistisch.

Schon beim ersten Losfahren sei ihm der erste große Unterschied zu Autos mit traditionellem Antrieb aufgefallen. „Man hört echt nichts“, sagt Gösser, man schleiche lautlos durch die Straßen. Die reduzierte Lärmbelästigung könne ein Vorteil sein. Der leise Motor könne aber vor allem bei Fahrradfahrern und Fußgängern die Unfallgefahr erhöhen, lautet Gössers Gefühl. „Wir gucken zu selten nach links und rechts, wie wir das alle mal in der Schule gelernt haben. Wir hören nur noch“, sagt er. Wenn E-Autos im Spiel sind, geht diese Rechnung nicht auf, so Gössers Erfahrung.Auch bei der Öko-Bilanz der Fahrzeuge bleibt der Wermelskirchener nach dem Test eher unsicher. Ja, der Benzin-Elektro-Hybrid sei mit fünf Litern pro 100 Kilometer sehr sparsam. „Für ein Auto, das 1,7 Tonnen wiegt, finde ich das schon beachtlich“, sagt Gösser. Man dürfe aber nicht aus den Augen verlieren, was bei der Produktion oder der Entsorgung der Batterien anderswo passiert. „Die Verschmutzung findet nicht mehr vor unserer Haustür statt“, sagt er und spricht von einer möglichen „Verlagerung der Emissionen“.

Dass sich IHK-Mitglieder kritisch mit den Mobilitätsangeboten auseinandersetzen, ist ausdrücklich erwünscht. „Wir wollen darstellen, was es alles auf dem Markt gibt“, sagt Projektleiter Jan Stuckert. „Elektromobilität ist nicht die einzige Lösung“, meint er. Seit dem Anfang der Initiative im Mai seien 41 Fahrzeuge ausgeliehen worden – zum Angebot der Mobilitätstestwochen gehören nicht nur Leih-Autos, sondern auch Fahrräder, Lastenräder, Car-Sharing und ÖPNV-Tickets. „Am beliebtesten sind Pedelecs“, sagt Stuckert. Die Zukunft der Mobilitätswende werde aber sein, verschiedene Angebote miteinander zu kombinieren. Gösser ist von der Initiative so angetan, dass er schon bei anderen IHK-Mitgliedern in Remscheid Werbung dafür gemacht hat. Sein Interesse fürs Thema E-Autos habe sich durch das Projekt auch bestärkt. Das merkt man schnell im Gespräch – Gösser hat sich mit vielen Modellen auseinandergesetzt, kennt Vor- und Nachteile der einzelnen Autos.

Als Nutzfahrzeug für seinen Betrieb käme aber ein E-Auto nicht in Frage. Leider nicht, sagt er. Was auf dem Markt ist, sei entweder zu teuer oder könne das nötige Gewicht nicht transportieren. „Ich habe einen alten Käfer, Baujahr 1973. Er kann 750 Kilo ziehen“, sagt Gösser. Der Hybrid-SUV von Toyota, den er getestet hat, könne etwa 850 Kilogramm ziehen. „Das ist fast lächerlich“, sagt er. Bezahle man für einen Allrad-Betrieb, seien das 1650 Kilo – und damit für Gösser immer noch zu wenig. Oft muss er Steine transportieren. „Und die sind bekanntermaßen schwer.“

Für den privaten Gebrauch sieht das schon anders aus. Da könne er sich eher ein E-Auto vorstellen. Er habe ja viel in der Natur zu tun, da könne man auch mal umweltbewusster denken. „Die Zeiten für E-Mobilität und alternative Verkehrsformen standen nie so gut wie jetzt“, sagt Jan Stuckert von der IHK. Nächstes Jahr werde das Projekt definitiv wieder laufen, versichert er.

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