Wegberg Das Glasfaser-Projekt steht vor dem Aus

Wegberg · Der Ausbau des Glasfaser-Netzes durch die Deutsche Glasfaser droht in Wegberg endgültig zu scheitern. Der Stadtrat sprach sich gegen die Unterzeichnung des Gestattungsvertrags aus. Das Unternehmen will nun anderswo investieren.

Über das einstimmige Ergebnis der Beratung im nichtöffentlichen Teil der Ratssitzung am Dienstagabend informierte Bürgermeister Michael Stock. Das Unternehmen Deutsche Glasfaser nahm die Entscheidung mit Bedauern zur Kenntnis und teilte mit: "Die Unternehmensgruppe wird in den kommenden Tagen intern darüber beraten, welchen Einfluss diese Entscheidung auf den Glasfaserausbau innerhalb der Orte der Stadt Wegberg nimmt und teilt mit, dass schnellstens eine Aussage für die Bürger vorbereitet wird. Anfang der kommenden Woche ist mit einer Entscheidung und Aussage seitens Deutsche Glasfaser zu rechnen."

Glasfaser-Pressesprecherin Gerda Johanna Meppelink ging am Mittwoch auf Anfrage unserer Redaktion einen Schritt weiter. Sie gehe davon aus, dass die Investitionssumme von 4,1 Millionen Euro, die zum Anschluss von 3500 Haushalten im Stadtgebiet von Wegberg dienen sollten, nun in Glasfaser-Projekte in anderen Regionen fließen wird, sagte Meppelink.

Die Deutsche Glasfaser ist angetreten mit dem Ziel, den Kreis Heinsberg flächendeckend mit ultraschnellen Glasfaserverbindungen zu versorgen. Um die Glasfaserleitungen mit der zukunftssicheren FTTH-Technik (Fibre to the home) unter wirtschaftlich akzeptablen Bedingungen bis in die Häuser verlegen zu können, schließt das Unternehmen mit den Kommunen sogenannte Gestattungsverträge ab. Im Kreis Heinsberg haben bis auf Wegberg alle Städte und Gemeinden einen solchen Vertrag mit der Deutschen Glasfaser unterzeichnet.

Nachdem es in Nachbarstädten zu Schwierigkeiten mit den Subunternehmern der Deutschen Glasfaser gekommen war und Tiefbauarbeiten zum Teil unzureichend ausgeführt wurden, war die Stadt Wegberg mit den Bedingungen des Gestattungsvertrages nicht mehr einverstanden. Wegberg legte einen eigenen Vertragsentwurf vor, "um das Risiko für die Stadt zu minimieren", erklärte Bürgermeister Stock. Doch dieser Vertragsentwurf wurde wiederum von der Deutschen Glasfaser nicht akzeptiert. Das Unternehmen pochte in den Verhandlungen auf die Bedingungen, die auch für andere Städte gelten. Das führte dazu, dass die Stadtverwaltung dem Rat die Zustimmung zur Unterzeichnung des Gestattungsvertrags nicht empfehlen konnte.

Glasfaser-Pressesprecherin Meppelink hat für das ablehnende Votum des Wegberger Stadtrates wenig Verständnis: "Wir schließen diese Verträge mit den Städten und Gemeinden in ganz NRW ab, und es gibt dabei üblicherweise keine Probleme. Wegberg ist ein Einzelfall." Ihr Unternehmen sei auf den Abschluss des Gestattungsvertrages angewiesen, um die Wirtschaftlichkeit des Vorhabens sicherzustellen. Im Gestattungsvertrag sei zum Beispiel geregelt, wie tief die Glasfaserleitungen in die Erde verlegt werden. Das hat nach Darstellung der Deutschen Glasfaser einen ganz entscheidenden Einfluss auf die Kosten der Bauarbeiten. "Wenn Sie ein Glasfaserkabel bei mehreren Tausend Anschlüssen statt in 30 Zentimeter Tiefe plötzlich in 60 Zentimeter Tiefe verlegen müssen, können aus drei Millionen Euro Investitionskosten ganz schnell sechs Millionen Euro werden", erklärt Meppelink. Die so genannte mindertiefe Verlegetechnologie (Mini-Trenching) habe sich bei Glasfaserleitungen bewährt. Mit dieser Technik habe ihr Unternehmen in den Niederlanden zwei Millionen Anschlüsse problemlos realisiert.

Die Pressesprecherin der Deutschen Glasfaser äußerte gegenüber der Rheinischen Post den Wunsch, mit der Stadt Wegberg und den Ratsvertretern im Gespräch bleiben zu können. "Wir würden gerne noch mal deutlich machen, dass der Glasfaserausbau aus Gründen der Wirtschaftlichkeit nur mit innovativen Methoden möglich ist. Die Deutsche Glasfaser setzt dabei auf ein in Europa übliches Ausbauverfahren." Es gelte, die Bedenken des Tiefbauamtes aus dem Weg zu räumen. "Da müssen wir offenbar noch einiges an Überzeugungsarbeit leisten." Die Unternehmenssprecherin räumte ein, dass man in Wegberg zuletzt unter enormem Zeitdruck agieren musste.

Theo Schmitz, Geschäftsführer der städtischen Wirtschaftsförderungsgesellschaft (SEWG), würde es bedauern, wenn die Deutsche Glasfaser ihre Aktivitäten auf Wegberger Stadtgebiet nun tatsächlich einstellt. "Ich würde mich freuen, wenn die Deutsche Glasfaser ihr Netz in Wegberg auch ohne einen Gestattungsvertrag ausbaut. Sie hat ja auf Grundlage des geltenden Telekommunikationsgesetzes die Möglichkeit dazu", meint der städtische Wirtschaftsförderer.

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