Viersen Der letzte Finanzplan des Kämmerers

Viersen · Rolf Corsten legte gestern dem Rat den Haushaltsplan für 2014 vor. Ende Januar geht der Dezernent in den Ruhestand.

 Kämmerer Rolf Corsten hat gestern den Viersener Haushalt in den Rat eingebracht – es ist der letzte in seiner Karriere. Im Januar endet Corstens Dienstzeit, er will sich nicht zur Wiederwahl stellen.

Kämmerer Rolf Corsten hat gestern den Viersener Haushalt in den Rat eingebracht – es ist der letzte in seiner Karriere. Im Januar endet Corstens Dienstzeit, er will sich nicht zur Wiederwahl stellen.

Foto: Horst Siemes

Das Ende einer Ära ist eingeläutet: Viersens Kämmerer Rolf Corsten stellte gestern Abend mit der Vorlage des Haushaltsplans 2014 zum letzten Mal die Weichen für die Finanzen der Stadt Viersen. Der Jurist, dessen Amtszeit — nach acht Jahren — Ende Januar 2014 abläuft, steht für eine weitere Wahlperiode nicht mehr zur Verfügung. Mit langanhaltendem Beifall verabschiedeten die Mitglieder des Stadtrates den 57-jährigen Dezernenten — obwohl der ja noch die kommenden sechs Monate im Amt ist. "Es war eine schöne Zeit, in der ich in Viersen viele wunderbare Menschen und beeindruckende Persönlichkeiten kennenlernen durfte", so Corsten.

Rolf Corsten ist ein waschechter Niederrheiner. Geboren wurde der Spross einer Familie, die seit Generationen mit Lehrern und Juristen gespickt ist, in Wickrath. Doch schon die frühesten Schritte in der Schulzeit brachten ihn und seinen Zwillingsbruder nach Dülken — sein Vater war dort Leiter einer Schule. 1975 folgte das Abitur, das er ebenfalls in Dülken ablegte. Nach dem Wehrdienst — während dieser Zeit hatte Corsten intensiv darüber nachgedacht, Lehrer für Mathematik und Physik zu werden — entschied er sich schließlich für eine Verwaltungsausbildung. Die startete in Viersen. Drei Jahre lang durchlief er die einzelnen Ämter, vor allem das Bauverwaltungsamt weckte seine Leidenschaft. Parallel schrieb sich der junge Inspektor an der Fernuniversität Hagen ein, studierte erfolgreich Mathematik und Rechtswissenschaft.

Dann lockte die Domstadt den Niederrheiner, es folgte die Immatrikulation an der juristischen Fakultät in Köln. Das erste Examen 1983, der Beginn des Referendariats Anfang 1984 und das zweite Examen 1987 waren die nächsten Schritte. Und für Corsten stand zu diesem Zeitpunkt fest: "Ich will in die Stadtverwaltung." Doch der erste Job führte ihn zum Städtetag, der einen Juristen mit Schwerpunkt "Abgabe- und Haushaltsrecht" suchte.

Rund zweieinhalb Jahre später rief der Niederrhein. Viersen suchte einen Kämmerer und wählte den bis heute parteilosen Rolf Corsten zum Finanzdezernenten: "Ich fand es toll, wieder an die alte Wirkungsstätte zurückzukommen." Sein Dienstbeginn war der 1. Februar 1990. Doch nicht nur für das Geld der Stadt war der damals 33-jährige Beigeordnete, einer der jüngsten Kämmerer in NRW, verantwortlich. Auch die Schulen gehörten zu seinem Dezernat. Und die Politik hatte ihm gleich einen anspruchsvollen Auftrag mit auf den Weg gegeben: Er sollte die erste Gesamtschule in Viersen einrichten. "Die Schule startete in der Eingangsklasse mit 240 Kindern", erinnert sich Corsten noch heute genau. Allein das Raumprojekt entwickelte sich zur Mammutaufgabe.

Der Bereich Finanzen bereitete damals allen Kommunen in Nordrhein-Westfalen ("Man kannte zu dieser Zeit das Thema Haushaltskonsolidierung nur aus Duisburg") keine größeren Sorgen. Sollte es tatsächlich mal etwas knapper in der Kasse werden, wurde die Gewerbesteuer ein wenig erhöht und das Problem war gelöst. Haushaltsklausuren der Parteien waren höchstens dafür da, um zu beraten, wie man das Geld ausgibt. Darüber, wie man es hereinbekommt, machte sich in der Politik (fast) niemand Gedanken.

Das änderte sich 1993 schlagartig: Die Gewerbesteuer brach ein, die Haushaltslöcher wuchsen. "Ich hätte nicht gedacht, dass eine Haushaltssperre seit dieser Zeit fast ununterbrochen gültig ist", so Corsten 20 Jahre später. "Es war spannend und totales Neuland, 1994 zum ersten Mal ein Hauhaltssicherungskonzept aufzustellen." Vor allem bei der Politik war ein völliges Umdenken erforderlich: Sparen war angesagt: "Es hat drei bis vier Jahre gedauert, bis die meisten Politiker begriffen hatten, dass man sich dieser Situation auf Dauer stellen muss." Für die Verwaltung insgesamt stieg in der Folgezeit bis heute die Belastung: weniger Geld, weniger Leute.

Mit dann 58 Jahren wird Corsten die Verantwortung Ende Januar 2014 — wenige Monate vor der Kommunalwahl — in andere Hände abgeben. Darüber informierte der Kämmerer gestern Abend die Politik. Mit Blick auf seine Zukunft hat sich bei Corsten ein Zitat des früheren NRW-Finanzministers Heinz Schleußer eingebrannt: "Dienstjahre eines Finanzministers zählen doppelt", hatte der SPD-Politiker bei seinem Abschied erklärt. "Da ist irgendwie was dran", sagt Rolf Corsten. "Ich habe manchmal die Dezernenten-Kollegen beneidet, die sich auch mit schönen Dingen wie zum Beispiel der Kultur beschäftigen durften."

Übrigens: Den schönen Dingen werden sich ab Ende Januar Rolf Corsten und seine Ehefrau ebenfalls ganz intensiv widmen: Nach Jahrzehnten der Entbehrung wird in das Haus Corsten im Mönchengladbacher Stadtteil Rheydt wieder ein Hund einziehen.

(RP)
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