Solingen Studie gibt Solingen schlechte Noten

Solingen · Im "Zukunftsatlas 2016" des Prognos-Instituts landet die Klingenstadt unter 402 Städten und Kreisen nur auf Platz 324. Die Macher halten Solingen für wenig innovativ. Die Stadt und die Industrie- und Handelskammer widersprechen.

Ein miserabler Autobahnanschluss, viel zu wenige Jobs im Dienstleistungssektor und kaum Innovationen: Schenkt man den Machern einer neuen Studie des Instituts Prognos zur Zukunftsfähigkeit deutscher Regionen Glauben, hat Solingen seine besten Jahre bereits hinter sich. Unter insgesamt 402 untersuchten Städten und Kreisen belegt die Klingenstadt im "Zukunftsatlas 2016" lediglich Platz 324 - Tendenz fallend. Denn bei der vorhergehenden Erhebung aus dem Jahr 2013 landete Solingen auf Rang 310, während in den Jahren 2010 beziehungsweise 2007 sogar noch eine Platzierung unter den "Top 300" heraussprang.

Die Stadt will die Ergebnisse der Studie aber nicht unwidersprochen stehen lassen - zumal die Verantwortlichen ohnehin Zweifel an der Aussagekraft solch überregionaler Untersuchungen hegen. "Der nähere Vergleich mit unseren Nachbarn ist für uns wichtiger als der Vergleich mit Kaiserslautern oder Erfurt", sagte gestern Frank Balkenhol, Geschäftsführer der städtischen Wirtschaftsförderung. Er hält es nicht für richtig, wenn Städte mit Regionen verglichen werden. "Wir entwickeln uns weiter, unsere Zukunft liegt auch in der Rheinschiene", betonte Balkenhol.

Eine Einschätzung, die die Wirtschaft durchaus teilt. Bei der bergischen Industrie- und Handelskammer (IHK) misst man der Prognos-Studie ebenfalls eine nur eingeschränkte Aussagekraft bei. Zwar biete die Untersuchung einige interessante Aspekte und dürfe nicht ignoriert werden, sagte gestern IHK-Hauptgeschäftsführer Michael Wenge. Gleichzeitig offenbare das Zahlenwerk aber auch Mängel. "In Sachen Verkehrsanbindung wurde beispielsweise nur der Anschluss an die Autobahnen berücksichtigt", kritisierte Wenge, der darauf verwies, dass gerade die Nähe zu den Flughäfen Düsseldorf und Köln sowie die guten S-Bahn-Verbindungen für den Standort Solingen sprächen.

Zudem, so Wenge, sei auch die Bewertung in der Kategorie Arbeitsmarkt (Platz 332) irreführend. Darin stuften die Autoren der Studie Solingen schlecht ein, da die Stadt über nur wenige Jobs im Dienstleistungssektor verfügt. Nach Ansicht der IHK greift dies jedoch zu kurz. Michael Wenge: "In diesem Bereich gibt es überdurchschnittlich viele prekäre Arbeitsverhältnisse. Und das spricht wiederum eher gegen die Stärke eines Wirtschaftsstandorts."

Darüber hinaus fallen für Solingen positive Kenndaten nicht so ins Gewicht, wie dies nach Ansicht der IHK sowie der Stadt der Fall sein müsste. Stichwort Hochschulstandorte: Zwar ist es richtig, dass die Klingenstadt - mit Ausnahme des An-Institutes im Südpark - keine Universitätsstadt ist. Dafür steht die Klingenstadt aber für kurze Wege zu den Hochschulstandorten Wuppertal, Köln oder Düsseldorf, was jedoch im Prognos-Ranking keine Relevanz habe, wie Frank Balkenhol bedauerte.

"Wir haben unsere Schwächen schon vor Jahren angepackt und einiges aufgeholt", sagte der Chef der Solinger Wirtschaftsförderung am Dienstag. Viele Dinge seien inzwischen auf einem guten Weg, betonte Balkenhol, der exemplarisch die Sport-Schule, ein gutes Breitbandnetz, Gewerbegebiete, die Digitalisierung sowie die 3D-Drucktechnik nannte. Und auch IHK-Hauptgeschäftsführer Wenge hob positive Aspekte hervor - wobei er die Ergebnisse der Studie mit einer Forderung verband. Mit Blick auf das besser platzierte Wuppertal betonte Wenge, im Sinne einer bergischen Kooperation sei es wünschenswert, wenn die Schwebebahn-Stadt nicht alles bei sich bündeln wolle, sondern Nachbarn wie Solingen Bewegungsspielraum lasse.

(or)
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