Neues Angebot in Solingen E-Scooter stehen in Solingen bereit

SOLINGEN · „Nicht treten, nur rollen“ lautet das Prinzip des neuen Angebots: Drei Firmen bieten im Stadtgebiet ab sofort E-Scooter zum Mieten an. Die Stadtverwaltung erwartet „Nahmobilität mit Nachhaltigkeitsfaktor“.

Eine von zahlreichen Parkzonen für die E-Scooter ist vor dem Rathaus eingerichtet worden.

Foto: Fred Lothar Melchior

O holde Kindheit: Der Tretroller ist zurück. Aber in einer Version, die man keinem Kind an die Hand gibt. Treten muss auch niemand mehr, und kaufen muss man die „Kleinstfahrzeuge“ ebenfalls nicht: Seit Mittwoch stellen in Solingen drei Unternehmen Elektroscooter zum Mieten bereit. Jeweils 300 Roller von den beiden amerikanischen Anbietern Bird und Lime sowie der Berliner TIER Mobility GmbH stehen unter anderem am Hauptbahnhof, am Neumarkt und vor dem Rathaus. Weitere „Parkzonen“ sollen hinzukommen, die Zahl der Roller soll bis auf 2000 wachsen.

„Wir sind die erste Kommune im Städtedreieck, die eine derartige Kooperation eingeht“, erläutert Oberbürgermeister Tim Kurzbach, der schon selbst eine Runde gedreht hat. „Es ist eine gute Möglichkeit, die Nahmobilität zu verbessern.“ Allerdings kann man einen ausgeliehenen Roller nicht an jeder beliebigen Stelle im Stadtgebiet stehen lassen. „Bestimmte Bereiche sind ausgenommen“, unterstreicht Stadtdirektor Hartmut Hoferichter. Dazu zählen beispielsweise Friedhöfe, Parks und die Täler der Wupper.

Ansonsten können die Roller nicht nur in den besonders ausgewiesenen Zonen geparkt werden, sondern überall dort, wo sie nicht im Weg sind. Wo die mit GPS-Systemen ausgerüsteten Roller auf Nutzer warten, lässt sich schnell über die Apps der Vermieter herausfinden. Wer sich einmal angemeldet hat, kann den Leihroller über sie an- und abmelden. Auch bezahlt wird digital. „Im Branchenschnitt kostet die Anmeldung ein Euro Aktivierungsgebühr und jede Minute 20 Cent“, erklärt Alexander Graf von Pfeil (Lime). Es gibt auch Sondertarife.

In Kürze soll eine Ausleihe auch über die SolingenApp möglich sein. „Wir arbeiten daran“, sagt Carsten Knoch, der bei der Stadt die Abteilung Mobilität und generelle Planung leitet. Die Verleiher berichten von einer sehr guten Zusammenarbeit mit der Verwaltung. Die wiederum lobt, dass die Vermieter „angestellte Mitarbeitende in festen Arbeitsverhältnissen“ beschäftigen und zum Einsammeln sowie Verteilen der Fahrzeuge emissionsarme Transporter einsetzen. Welche Reichweite die Elektrokleinstfahrzeuge haben, muss sich bei der Solinger Topographie zeigen. Ein Akku soll für bis zu 40 Kilometer ausreichen.

Dass die Idee des E-Tretroller-Sharings sich weltweit nicht nur in Metropolen durchsetzt, sehen die Anbieter nicht nur in Solingen. „Generell stellen wir fest, dass wir auch in kleineren Kommunen und in Mittelstädten Erfolg haben“, erzählt Peter Russ von TIER, der Solinger Neukunden 20 Freiminuten anbietet und mit Klimaneutralität wirbt. Auch Kommunen wie Hilden und Langenfeld rückten bereits ins Interesse der Verleiher.

„E-Tretroller schaffen eine neue Möglichkeit für die Nahmobilität“, informiert die Stadtverwaltung. „Gerade in der Verbindung mit dem öffentlichen Nahverkehr könnten sie auf kurzen Wegen zu einem Autoverzicht beitragen und damit zu einem Baustein auf dem Weg zur Verkehrswende werden.“

Einfach wird das nicht: „Elektrische Leihtretroller stadtverträglich in das Verkehrsgeschehen zu integrieren, ist eine große Herausforderung für die Infrastrukturplanung“, heißt es in den „Handlungsempfehlungen für deutsche Städte und Gemeinden zum Umgang mit stationslosen Verleihsystemen“ (E-Tretroller im Stadtverkehr / Agora Verkehrswende). Denn die Roller müssen, wenn es keine Radwege gibt, auf der Straße gefahren werden.

Dort halten die Tretroller-Fahrer den Verkehr auf, weil sie auf 20 km/h gedrosselt sind und wie Radfahrer nur mit einem Mindestabstand von 1,50 Metern überholt werden dürfen. Das könnte manchen Nutzer eines Elektroscooters bewegen, dem Vorbild der Kampfradler zu folgen, die sich schon jetzt die Fußwege untertan gemacht haben. Oder die Stadt legt mehr Schutzstreifen an. „Wenn mehr Akteure Fahrradwege fordern, werden wir eine bessere Infrastruktur bekommen“, hofft Deniz Ertin von Bird. So steht es in den Handlungsempfehlungen für die Städte: Die Roller sollten nicht als Problem, sondern als Chance verstanden werden.