Stefan Dulz im Interview Fett ist deutlich besser als sein Ruf

Solingen · Heute ist Tag der gesunden Ernährung. Stefan Dulz ist Chefkoch im Restaurant "Perlhuhn" im Haus Wittenberg. In der Morgenpost spricht er über gesunde Ernährung, die Rolle von Fetten und die Essgewohnheiten der Deutschen.

Herr Dulz, bedeutet gesunde Ernährung automatisch auch Verzicht?

Dulz Nein, in meinen Augen nicht. Am wichtigsten ist es, ausgewogen zu essen. Hauptbestandteil der Ernährung sollten Getreideprodukte sein, dazu viel Gemüse und Obst. Generell gilt aber, dass jeder Nährstoff seine Funktion hat. Deswegen muss auf nichts komplett verzichtet werden. Es ist wichtig, ausgewogen zu essen — aber eben richtig ausgewogen.

Vielen Nahrungsbestandteilen eilt ein schlechter Ruf voraus, zum Beispiel Fetten.

Dulz Fett ist deutlich besser als sein Ruf, es gilt aber, zwischen den Fetten zu unterscheiden. Der Körper braucht hochwertige Fette, die vor allem in Ölen oder Fisch zu finden sind. Auf kurzkettige Fette, wie sie in frittierten Produkten zu finden sind, sollte man aber verzichten.

Warum ist Fett wichtig?

Dulz Alles, was elastisch ist, enthält Fett. Zum Beispiel unsere Zellwände und damit auch die Haut. In der Unterhaut brauchen wir eine Fettschicht, um uns im Winter vor Kälte zu schützen. Für die Gesundheit ist das von essenzieller Bedeutung.

Und Zucker?

Dulz Auch Zucker ist in Maßen nicht schädlich und zum Beispiel in Obst enthalten. Zucker fällt aber unter die sogenannten leeren Kalorien. Isolierten Zucker sollte man daher nur wenig zu sich nehmen.

Sie sind Ernährungsprofi, die meisten Menschen sind es aber nicht. Gibt es einen guten Leitfaden?

Dulz Als Leitfaden im Alltag eignen sich Ernährungspyramiden. Das Prinzip ist einfach. Das Fundament der Pyramide sind Getreideprodukte, Gemüse und Obst. Davon sollte man im Alltag dementsprechend viel essen. Von den oberen Schichten der Pyramide sollte man weniger essen. Fleisch zum Beispiel bildet die Spitze der Pyramide.

Ein gutes Stichwort. Essen die Deutschen zu viel Fleisch?

Dulz Ja. Man sollte nur drei bis vier Mal in der Woche 150 Gramm Fleisch zu sich nehmen. Schauen Sie in andere Kulturen. In Asien zum Beispiel essen die Menschen vor allem Reis und Gemüse, weil sie sich teures Fleisch nicht leisten können. Man sollte generell weniger Fleisch essen, dafür aber hochwertigere Produkte.

Und das kostet Geld. Ist gesunde Ernährung also teuer?

Dulz Das ist schwer zu beantworten. Natürlich kostet ein Hühnchen vom Biobauern mehr Geld. Dafür schmeckt es aber besser und befriedigt eher das Bedürfnis nach gutem Essen. Isst man dagegen ein Hühnchen aus Massenhaltung, das laff schmeckt, greift man danach noch zur Chips-Tüte und die kostet auch Geld. Gesundes Essen ist nicht unbedingt teurer, dafür aber meistens aufwendiger in der Zubereitung, zum Beispiel Gemüse. Da greift man in der Mittagspause schnell zum Döner.

Ist es sogar utopisch, sich im hektischen Arbeitsalltag langfristig gesund zu ernähren?

Dulz Sich langfristig gesund zu ernähren, erfordert viel Achtsamkeit. Man muss sich über die Inhaltstoffe, die verschiedene Produkte haben, bewusst sein. Außerdem muss man sich fragen, was einem eine gute und gesunde Ernährung wert sind. Über allem steht die Gesundheit.

Gesundheit durch Ernährung. Könnte so die richtige Motivationsformel lauten?

Dulz Ernährung und Gesundheit sind untrennbar miteinander verknüpft. Es gibt fachkundige Menschen, die behaupten, dass die meisten Volkskrankheiten durch gesunde Ernährung vermieden oder sogar behoben werden können. Das bedeutet im Umkehrschluss, dass eine falsche Ernährung zu Krankheiten führt. Dickdarmkrebs und Herz-Kreislauferkrankungen sind mit die häufigsten Krankheiten in Deutschland. Das liegt sicher auch an falscher Ernährung.

Gerade erst hat die Fastenzeit begonnen und viele verzichten nun wochenlang auf Süßes. Bringt es langfristig etwas, kurzfristig zu verzichten?

Dulz In der Fastenzeit kann jeder seine Marotten überdenken — auch das verhilft zu mehr Achtsamkeit. Damit trägt das Fasten sicherlich auch langfristig zu einer gesunden Ernährung bei, weil im Kopf ein Umdenken stattfinden kann.

Absolut in Mode sind sogenannte "Low-Carb"-Diäten. Menschen essen keine Kohlenhydrate mehr, um abzunehmen.

Dulz ...und nehmen ihrem Körper damit eine wichtige Kraftquelle. Die Deutsche Gesellschaft für Ernährung sagt, dass 50 Prozent der Gesamtkalorienzufuhr aus Kohlenhydraten bezogen werden soll. Lässt man Kohlenhydrate langfristig weg, ist das dauerhaft nicht gesund. Wer abnehmen will, sollte lieber darauf achten, insgesamt weniger Kalorien zu sich zu nehmen.

SEBASTIAN FUHRMANN FÜHRTE DAS GESPRÄCH.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort