Solingen Fatima Khodr ist rund um die Uhr für Flüchtlinge im Einsatz

Solingen · Fatima Khodr ist rund um die Uhr im Einsatz: Wenn nachts ihr Handy klingelt, fährt sie los - um, wie kürzlich, eine Schwangere ins Krankenhaus zu bringen. Oder um einfach da zu sein, wenn es einem Menschen, der Unvorstellbares erlebt hat, schlecht geht. Ihre Adresse, sagt sie, sei bei den Flüchtlingen in Solingen genauso bekannt wie ihre Handynummer. "Meine Wohnung ist für alle offen. Oft kommen Menschen in Not einfach so vorbei."

Solingen: Fatima Khodr ist rund um die Uhr für Flüchtlinge im Einsatz
Foto: Köhlen, Stephan (TEPH)

Seit drei Jahren engagiert sich die 34-Jährige ehrenamtlich für Flüchtlinge. Was mit dem Ehrenamt als mobile Übersetzerin und Stadtteilfrau angefangen hat, ist zu einem unbezahlten Vollzeitjob geworden. Regelmäßig geht die Mutter von fünf Kindern zwischen sechs und zwölf Jahren in die Flüchtlingsheime. Vor rund drei Monaten hat sie das wöchentliche Willkommens-Café im Café Courage initiiert, in dem Flüchtlinge bei ihr und weiteren Ehrenamtlern eine Anlaufstelle, ein offenes Ohr, Hilfe und Unterstützung finden. Diese Menschen haben Grausames erlebt, mussten alles zurücklassen und stehen hier vor dem Nichts - vor einem Leben in einem Land, dessen Sprache sie nicht sprechen, dessen Regeln sie nicht kennen und in dem sie, obwohl viele gut qualifiziert sind, zunächst nicht arbeiten dürfen.

"Viele der Flüchtlinge sind traumatisiert, haben psychische Probleme", sagt Fatima Khodr. Andere kämpften darum, die Ehefrau und die Kinder nach Deutschland nachzuholen. Wieder andere haben Probleme mit Behörden. Weil sie einen Arzt brauchen, ein Schreiben nicht verstehen oder wissen möchten, wie sie ihr Kind im Kindergarten anmelden können. Oder weil sie über die schrecklichen Erlebnisse von Flucht und Folter sprechen müssen. "Wir hören uns an, was sie für ein Problem haben und überlegen, was wir machen können. Wir geben ihnen das Gefühl, dass jemand da ist."

Sie weiß, wie es ist, wenn niemand da ist: "Meine Eltern sind 1986 im Bürgerkrieg mit mir und meinen Geschwistern aus dem Libanon geflohen", erzählt Fatima Khodr. Sechs Jahre war sie da alt, die Eltern wollten Sicherheit für ihre Kinder. Die fanden sie, durften zugleich aber lange nicht arbeiten, hatten Schwierigkeiten, die Sprache zu lernen. Fatima, das älteste Kind, übersetzte immer. "Ich erinnere mich an so viele Momente, in denen meine Mutter weinend am Tisch saß. Schon damals habe ich mir vorgenommen, eines Tages Menschen zu helfen, denen es geht wie meinen Eltern", sagt die gelernte Kommunikationsfachangestellte, die seit 2001 in Solingen lebt. Und es helfe ihr, stark zu bleiben, für die Menschen die ihre Unterstützung brauchen, so sehr sie die Leidengeschichten manchmal auch selbst belasten: "Ich stärke sie, ich bin immer zuversichtlich. Sie haben so schlimme Dinge erlebt. Es hilft ihnen nicht, wenn ich sie bemitleide."

Ihre Hilfe und ihr Einsatz sind für Fatima Khodr ganz selbstverständlich, ein Teil ihres Lebens. "Ich will einfach nur glückliche Gesichter sehen. Dann weiß ich, dass sich alles gelohnt hat", sagt sie und lächelt.

(mxh)
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