Lokalsport Mission „Go for Gold“ erfüllt

Sie bewiesen ihre Weltklasse mit Nerven aus Stahl. Die Voltigiererinnen des RSV Grimlinghausen holten sich am Sonntag Mittag den Weltmeistertitel. Die "Golden Girls" machten ihrem Namen bei den Weltreiterspielen in Aachen alle Ehre.

"RSV - Go for Gold", so feuerten die mitgereisten Fans die Gruppe vom Nixhof auf ihren Plakaten an. Mit Erfolg, denn nach einem wahren Voltigier-Krimi, der an Dramatik kaum zu überbieten war, bestiegen die Neuserinnen zum fünften Mal in der Vereinsgeschichte den WM-Thron im Teamwettbewerb. Damit ist der RSV der erfolgreichste Verein im Voltigiersport weltweit.

Überragender Pflichtsieg, Niederlage in der Kür und ein Sturz im Finale - die WM war ein Nervenkrieg für alle. Vor der einzigartigen Kulisse von über 8000 Zuschauern - das Deutsche Bank Stadion war damit restlos ausverkauft - gewann das Team von Jessica Schmitz am Ende aber doch die Goldmedaille.

Nach der Pflicht hatte der RSV solide vor der Konkurrenz aus Österreich und der Schweiz geführt, das hoch eingeschätzte Team aus der USA folgte scheinbar abgeschlagen auf Platz fünf. Dieser Vorsprung sollte zum Erfolgsfaktor Nummer eins werden. Denn in der Kür am Samstag trumpften die Amerikaner auf, gewannen mit starken 8,900 Punkten vor den Neussern, die sich 8,814 Punkte erturnt hatten. Doch der Vorsprung aus der Pflicht war so groß, dass der RSV weiter auf Goldkurs lag.

Am Sonntag dann das Kürfinale. Die Neusser mussten mit dem neunjährigen Wallach Cepin als letzte Gruppe ins Stadion einlaufen - unter dem tosenden Applaus der bereits stehenden Zuschauer, die aus der Halle einen wahren Hexenkessel machten. Die Atmosphäre kochte, die Spannung war beinahe greifbar.

Die USA hatte zuvor ebenso wie Österreich eine tolle Kür abgeliefert. "Davon haben wir nichts mit bekommen", erklärte Jessica Schmitz später, die währenddessen das Pferd ablongierte. Die Mannschaft machte sich derweil auf dem Holzpferd warm.

Doch mit dem grandiosen Auftritt der Amerikaner wurde die Entscheidung um Gold zu einer Frage der Nerven. Würden sie halten? Das RSV Team begann ganz stark, Cepin schien gelassen, zunächst lief alles wie am Schnürchen, "ein perfekter Beginn", meinte Voltigiersport-Koryphäe Agnes Werhahn.

Doch dann stockte den Zuschauern der Atem: Chippi erschreckte sich, machte einige schnelle, unkontrollierte Galoppsprünge, weshalb Elisabeth Simon vom Pferderücken rutschte. Beinahe hätte der Sturz Gold gekostet. Aber die stählernen Nerven brachten die Neusserinnen wieder auf Goldkurs.

Elisabeth Simon sprang sofort wieder auf das Pferd, machte unbeeindruckt weiter, als hätte es den Sturz nie gegeben. "Da ist sie über sich hinaus gewachsen", konstatierte ihre Trainerin. Früher hätte die 19-Jährige in ähnlichen Situationen zu schnell aufgegeben. Doch getragen von dem Meer schwarz-rot-goldener Fahnen und dem Selbstbewusstsein ihrer Mannschaftskameradinnen hatte die Dürenerin ihre Nerven im Griff.

Ganz im Gegenteil zu Nadia Zülow, die für den WDR live kommentierte und angesichts dieser Dramatik nur noch eines sagen konnte: "Mir ist schon ganz schlecht." Minutenlang musste das Team dann nach seiner Kür am Rande zittern.

Würde der Vorsprung aus der Pflicht reichen? Denn die US-Amerikaner hatten mit 8,936 Punkten wie am Tag zuvor die bessere Kür. Die Neusser bekamen für ihre Vorstellung "nur" 8,571 Punkte, retteten damit aber den Titel. Am Ende lagen sie lediglich 0,028 Punkte vor dem US-Team. "Das war wirklich haarscharf", analysierte Schmitz.

In der "Kiss & Cry-Area" ließ die Mannschaft ihrem Siegestaumel dann freien Lauf. Tränen des Glücks, der Erleichterung und der Erschöpfung. "Bis auf den Sturz war die Kür perfekt", fand die Trainerin, die aus aktiven Zeiten bereits drei WM-Titel auf ihrem Konto hat (1992, 1996 und 1998).

Und auch Agnes Werhahn, die das brasilianische Team mit ihrem Know-How auf Platz acht brachte, war begeistert: "Der Wettbewerb hatte ein extrem hohes Niveau, aber das RSV-Team war mal wieder einfach klasse." Die Mission "Go for Gold" ist damit erfüllt.

Danach konnte sich die Mannschaft ganz dem Trubel in der Aachener Soers hingeben: Autogramme geben, Interviews, offizielle Ehrungen. "Das war ein absolut turbulenter Tag", stellten alle fest - die Goldmedaille um den Hals.

(NGZ)
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