Korschenbroich Gute Aussichten für Adelssitz

Korschenbroich · Liebevoll restaurierte historische Bausubstanz ist in Liedberg allerorts unübersehbar. Nach fast 180 Jahren konkretisieren sich jetzt auch die Anzeichen für eine tatsächliche Sanierung des Mühlenturmes

 Er diente im 12. Jahrhundert möglicherweise als Wohnsitz der ersten Besitzer Liedbergs: der Mühlenturm , der jetzt saniert wird.

Er diente im 12. Jahrhundert möglicherweise als Wohnsitz der ersten Besitzer Liedbergs: der Mühlenturm , der jetzt saniert wird.

Foto: Heimatverein

Liebevoll restaurierte historische Bausubstanz ist in Liedberg allerorts unübersehbar. Nach fast 180 Jahren konkretisieren sich jetzt auch die Anzeichen für eine tatsächliche Sanierung des Mühlenturmes

Liedberg Auch über die Ortsgrenzen hinaus zählt er zu den wohl ältesten noch erhaltenen Baudenkmälern des Rheinlandes: der Mühlenturm im historischen Ortskern von Liedberg.

Nach jahrzehntelangen Diskussionen steht jetzt fest: Die über 700 Jahre alte Ruine wird möglicherweise schon bald wieder in Stand gesetzt und begehbar sein.

Konzepte zum Wiederaufbau des rund 20 Meter hohen Turmes hat es in den vergangenen zwei Jahrzehnten viele gegeben - zu einer Realisierung der teils ehrgeizigen Pläne ist es jedoch nicht gekommen.

Eine Initiative des örtlich ansässigen Eigentümers und Betreibers eines Obsthofes, Hans-Otto Scherer, der sich seit einem Jahr für eine Restaurierung des mittelalterlichen Turmes einsetzt, sorgt jetzt für neue Hoffnungen. Er bietet vor allem dem historischen Ortskern die Chance für einen beträchtlichen Imagezugewinn.

Zweifellos könnte der in direkter Nachbarschaft zur 300 Jahre alten Schloss-Kapelle aufragende Mühlenturm das älteste Bauwerk auf dem Liedberg sein.

Doch wie alt ist das aus Liedberger Sandstein und Backsteinen errichtete Gemäuer wirklich? "Wahrscheinlich gehört der Rundturm zu einer Burganlage, die noch vor dem Schloss auf dem Liedberg errichtet wurde", vermutet Burgenforscher Jens Wroblewski vom Dr. Zeune Büro für Burgenforschung in Kleve.

In den Jahren 2000 und 2001 befassten sich Fachleute mit einer Datierung des Bauwerkes, in dem "Reste eines Kamins auf einen notdürftig bewohnbar gemachten Bergfried" hindeuten.

Tatsächlich stellt der Turm auch architektonisch betrachtet ein kleines Kuriosum dar: Denn Vermessungen haben ergeben, dass die ehemalige Windmühle im unteren Bereich rund zwei Meter schmaler ist als an ihrem oberen Abschluss.

Zu erklären ist diese Tatsache mit der Einbringung der Geschossdecken, von denen heute allerdings keine mehr erhalten ist.

Von der einstigen Burganlage, deren Mittelpunkt der Turm gewesen sein könnte, sind heute keine Spuren mehr zu finden. Wie Jens Wroblewski annimmt, könnte die Anlage jedoch als Nachfolgerin einer Motte anzusehen sein, die sich an der heutigen "Römerwacht" erhob und die ebenfalls spurlos verschwunden ist.

In der Vergangenheit ist über eine Gründung in der Zeit um 900, ja sogar in römischer Zeit diskutiert worden, doch mahnt der Burgenkenner zur Vorsicht: "Wirklich gesichert ist die Existenz des Turmes erst ab dem 13. Jahrhundert.

Alle älteren Datierungen sind aufgrund der äußerst dünnen Quellenlage mit höchster Vorsicht zu behandeln. Eine genauere Untersuchung des Bauwerkes wäre jedenfalls wünschenswert."

Unbestritten bleibt der hohe Stellenwert, den das Baudenkmal einnimmt, denn ein großer Teil der spätromanischen Burganlagen im Rheinland fiel dem Steinraub zum Opfer und ist für immer verloren.

Dem Mühlenturm, der nach der Übersiedelung der örtlichen Adelsfamilie in die neue Residenz im 14. Jahrhundert seine Funktion einbüßte, blieb dieses Schicksal erspart: "Im Jahre 1572 wurde der Turm in eine Windmühle umgebaut, die 1836 durch einen Sturm so stark beschädigt wurde, dass sich ein Wiederaufbau nicht mehr lohnte", weiß Josef Bongartz vom Heimatverein zu berichten, der auch Zeuge der letzten Außenrenovierung von1970 war.

Wie sich die Arbeiten an dem mindestens 700 Jahre alten Turm in naher Zukunft im Einzelnen gestalten werden und welche Verwendung vorgesehen ist, bleibt vorerst ungewiss: Das zuständige Mönchengladbacher Architektenbüro Helmuth Classen war auf mehrfache Anfrage der NGZ bis auf weiteres zu keiner Stellungnahme bereit.

(NGZ)
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