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Remscheid Der Sieg der Idealisten

Remscheid · Das Westdeutsche Tournee-Theater feiert heute seinen 60. Geburtstag mit der Premiere von drei Tschechow-Einaktern. Die private Bühne im "theater im studio" hat durch ihre Leidenschaft überlebt. Ein Rückblick.

Das Westdeutsche Tournee Theater ist ein Jahr jünger als die Bundesrepublik Deutschland. Es steht für den Beginn der Theaterkultur in Remscheid nach dem Zweiten Weltkrieg. Heute feiert es mit drei kleinen Einaktern von Tschechow seinen 60. Geburtstag. Manchen wundert es , dass es diese kleine Bühne noch gibt.

Jaschi Jaschinski, 25 Jahre (bis 2005) Intendant des "theaters im studio" an der Bismarckstraße, wundert es nicht, dass in diesen schwierigen Zeiten das Ensemble noch existiert. "Mir ist nicht bange, wenn ich sehe, mit wie viel Kreativität und Engagement die jungen Kollegen arbeiten", sagt Jaschinski. Die Geschichte des WTT ist auch eine Geschichte des Siegs der Idealisten über die unwirtlichen Verhältnisse für die Kunst in Remscheid.

Gründer Hans-Michael Mund kam 1950 in die Werkzeugstadt und sorgte mit seiner Truppe für die kulturelle Grundversorgung durch Aufführungen in Hallen, die im Krieg noch heil geblieben waren. Die Remscheider bauten 1954 ein neues Stadttheater, wollten aber nicht an die Tradition der Vorkriegszeit mit einem eigenem Ensemble anknüpfen. Mund hatte sich große Hoffnung auf eine Intendanz gemacht. Er war tief gekränkt, blieb aber dennoch in Remscheid. Nachdem er das Gebäude der Seilenwarenfabrik Helmrich günstig mieten konnte, gab es seit 1964 auch Aufführungen des Tourneetheaters in Remscheid zu sehen.

Das Krisenjahr 1984

Am Boden lag das Theater 1984. Die private Bühne plagten Schulden. Die Bürger und Theaterfreunde demonstrierten jedoch vehement für den Erhalt. Jaschi Jaschinski erinnert sich: "Der Rückhalt durch die Bürger hat uns Mut gegeben. Die Leute sind ja dann auch ins Theater gekommen." Die Politik sorgte für den finanziellen Rahmen. Seit dieser Zeit gibt es einen jährlichen Zuschuss, zu gleichen Teilen von der Stadt und vom Land.

Ende der 80er Jahre besaß das WTT ein großes Ensemble. Damals hätte man fast aus eigenen Kräften den "Kirschgarten" von Tschechow aufführen können. Heute reicht es nur noch für drei kleine Einakter des Russen, bei denen vier Schauspieler mitwirken – das gesamte Ensemble.

Schwindende Zuschüsse, geringere Einnahmen bringen das Theater immer wieder in Existenznot. Auf Rosen gebettet war die Arbeit der Schauspiel zu keiner Zeit. Sie haben oft das Unmögliche probiert und sind dabei auch öfter gescheitert. Aber über die Jahre gab es immer wieder Aufführungen, die den Besuchern in Erinnerungen bleiben werden, weil sie den Geist anregten und das Herz schneller schlagen ließen.

Clauß' Feuerbach

Stellvertretend für viele Momente sei ein Auftritt des wunderbaren Schauspielers Matthias Clauß genannt. Seinen Feuerbach, ein alter Schauspieler, aus Tankred Dorsts Stück "Ich, Feuerbach" trieb er behutsam bis an die Klippe des Realitätsverlustes, stattete ihn mit subtilem Humor aus und gab zu erkennen, dass ein Leben ohne Feuer und Leidenschaft, kein Leben sei, auch wenn man daran verbrenne.

Feuer und Leidenschaft sind die einzig sicheren Grundpfeiler, auf die sich die Schauspieler und Mitarbeiter des WTT in Zukunft weiter stützen können.

(RP)
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