100 Jahre Frauenwahlrecht 100 Jahre Damenwahl

Radevormwald · Frauen dürfen in Deutschland am 12. November seit 100 Jahren wählen und sich wählen lassen. Gleichgestellt sind sie aber auch heute nicht in jedem Bereich.

 „Die Frau gehört nicht mehr ins Haus, sie gehört in dieses Haus: den Reichstag“, forderte die Aktivistin Minna Cauer bereits im Jahr 1902. Rund 16 Jahre später, am 12. November 1918, bekamen Frauen in Deutschland endlich das Recht zu wählen und gewählt zu werden. Foto:  -/AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung/dpa

„Die Frau gehört nicht mehr ins Haus, sie gehört in dieses Haus: den Reichstag“, forderte die Aktivistin Minna Cauer bereits im Jahr 1902. Rund 16 Jahre später, am 12. November 1918, bekamen Frauen in Deutschland endlich das Recht zu wählen und gewählt zu werden. Foto: -/AdsD/Friedrich-Ebert-Stiftung/dpa

Foto: dpa/-

„Frau Karl Groll“, der Vorname ist unbekannt, war die Erste: Sie wurde am 2. März 1919 als erste Frau in den Radevomwalder Rat gewählt. Das hatte sie nicht zuletzt Frauen wie der Frauenrechtlerin Louise Otto zu verdanken, die schon in den Vorjahren für ihre Rechte einstanden. Seit 100 Jahren dürfen Frauen in Deutschland wählen und auch gewählt werden. Während sie in dem Punkt Wahlrecht den Männern heute gleichgestellt sind, ist das in anderen Bereichen noch nicht der Fall. So auch in der Politik: Im Radevomwalder Rat sind Frauen immer noch unterrepräsentiert. Elisabeth Pech-Büttner, Fraktionsvorsitzende der Grünen Radevormwald fordert daher: „Frauen werdet aktiver und mischt euch ein!“

50 Frauenorganisationen forderten im Oktober 1918 den Reichskanzler Max von Baden auf, das Wahlrecht durchzusetzen. Sie wollten nicht mehr hinter dem Herd stehen, sondern mitbestimmen. Viele Frauen können sich heute nicht mehr vorstellen, nicht wählen zu dürfen. So auch Saskia Burgmann von der Jungen Union. Für sie ist es ein echtes Highlight am Wahlsonntag mit der Familie zur Wahlurne zu gehen. „Undenkbar, dass die Männer fahren und die Frauen zu Hause bleiben“, sagt Burgmann.

SPD-Ratsmitglied Heide Nahrgang hingegen weiß noch, wie es sich anfühlt, nicht gleichgestellt zu sein: „Bis in die 1970er-Jahre hatte man als Frau keine Rechte in der Ehe“, sagt die heute 77-Jährige. Sie habe sich aber Zuhause durchgesetzt und auch Bankangelegenheiten selber geregelt. Sehr lange habe sie gebraucht, um in die Politik zu gehen. Sie habe sich immer zu viel gerechtfertigt, selbstbewusst wurde sie erst, als sie stellvertretende Bürgermeisterin wurde.

In 100 Jahren hat sich das Frauenbild gewandelt: „Jetzt bringt nicht mehr nur der Mann das Geld nach Hause“, sagt Burgmann. Allein dadurch, dass viele Frauen einer Arbeit nachgehen, sollten sie auch eine Stimme in der Politik haben. Und: „Die Frau macht einen großen Anteil der Bevölkerung aus. Allein deshalb ist ihre Stimme wichtig“, sagt die 27-Jährige.

Ein anderes Leben führen Frauen und Männer aber dennoch: „Die Frauen haben vermutlich gar keine Zeit, für ihre Rechte zu kämpfen“, sagt Burgmann. Kinder, Haushalt und Arbeit unter einen Hut zu bekommen, sei auch heute noch eine Herausforderung. Männer haben da oft mehr Zeit politisch aktiv zu werden. Burgmann sei auf die Unterstützung ihres Mannes angewiesen: „Ich bin froh, dass er abends gekocht hat, wenn ich aus einer Sitzung komme.“

Viele Entscheidungen würden aber auch im Stadtrat anders getroffen werden, wenn Frauen mitsprechen würden, ist sich Elisabeth Pech-Büttner sicher. „Frauen denken einfach anders“, sagt die Fraktionsvorsitzende der Grünen. Aber oftmals trauen sich Frauen nicht. Sie selbst habe schon viele angesprochen, die Resonanz sei aber gering. „Die Doppelbelastung könnte der Grund sein“, sagt Pech-Büttner. Doch nicht nur in der Politik sondern auch in der Berufswelt sieht Pech-Büttner heute noch Probleme in der Gleichstellung: Selbst in klassischen Frauenberufen seien immer noch Männer in Führungspositionen. Und auch bei der Bezahlung gebe es noch große Unterschiede.

„Ich glaube die Probleme werden in der Politik wahrgenommen, die Lösungen sind aber einfach sehr schwierig“, sagt Burgmann. Der Emanzipationsprozess ist immer noch nicht abgeschlossen, aber die Kommunalpolitikerinnen sind sich größtenteils einig: Sie wären vor 100 Jahren auch auf die Straße gegangen. „Ich hätte versucht Frauen zu organisieren, und es hätte sicher auch Männer gegeben, die für die Rechte der Frauen eingestanden wären“, sagt Pech-Büttner.

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