Bedarf gestiegen Alexiusklinik in Neuss bietet psychiatrische Hilfe für "Generation Corona"

Neuss · Der Bedarf nach psychiatrischer Hilfe ist durch die Pandemie bei jungen Erwachsenen weiter gestiegen. Das Alexius/Josef-Krankenhaus reagiert darauf.

 Junge Erwachsene leiden besonders unter der Pandemie. Die Nachfrage im Alexius/Josef Krankenhaus steigt.

Junge Erwachsene leiden besonders unter der Pandemie. Die Nachfrage im Alexius/Josef Krankenhaus steigt.

Foto: Augustinus-Gruppe

Zukunftsängste, Gefühlschaos und ein hoher Druck von innen und außen – junge Menschen haben auf dem Weg ins Erwachsenenleben mit vielen Herausforderungen zu kämpfen. Schon vor der Corona-Pandemie suchten sie vermehrt Hilfe in psychiatrischen Einrichtungen, doch die annhaltende Pandemie verschärft die Lage noch einmal deutlich. So stark, dass das Alexius/Josef-Krankenhaus jetzt unter 02131 52928010 eine Telefon-Hotline eingerichtet hat, bei der junge Erwachsene professionelle Hilfe finden.

Im Neusser Fachkrankenhaus für Psychiatrie werden in der Station Juliana speziell junge Menschen betreut. . Renate Jackstadt, Leitende Oberärztin für Depression und junge Erwachsene, ist überzeugt, dass sich das ganze Ausmaß der Corona-Krise erst noch zeigen wird. „In den ersten Monaten hingen wir alle gleichermaßen in der Luft“, sagt sie. Alle Hoffnungen seien in dem Glauben auf den Herbst gerichtet gewesen, dass sich die Lage bis dahin normalisiert. Nun steigt die Zahl der Infizierten wieder, und man schaue schon auf das Jahr 2021. „Gleichzeitig lichtet sich der Schleier: Viele Menschen müssen jetzt den Tatsachen ins Gesicht blicken und stehen möglicherweise vor einem Scherbenhaufen“, sagt sie.

Besonders hart treffe es dabei junge Erwachsene, die gerade drauf und dran waren, in ein neues Leben zu starten und die durch die Pandemie ausgebremst wurden. „Viele Studenten haben ihre Nebenjobs verloren, und einige sind aufgrund dessen aus ihren WGs ausgezogen und in ihr Elternhaus zurückgekehrt. Dieser Rückschritt macht den meisten zu schaffen“, sagt Jackstadt. Oftmals leiden Männer mehr unter solchen Situationen als Frauen.

Schon jetzt ist in den Medien von der „Generation Corona“ die Rede. Betroffen seien neben Studenten auch Abiturienten, die ein Jahr im Ausland geplant hatten, aber nicht mehr überallhin reisen dürfen, oder Auszubildende, die wegen der wirtschaftlichen Unsicherheiten ihre geplante Stelle verloren haben. „Die unendlich vielen Möglichkeiten, die es vor der Pandemie gab, sind weggebrochen. Diese Ohnmacht und das Gefühl, nichts daran ändern zu können, sind Dinge, mit denen der Mensch generell ganz schlecht umgehen kann“, so die Expertin.

Erwachsene würden Krisen in der Regel besser überstehen, da sie schon Erfahrungen mit schwierigen Phasen gemacht. „Dieses Rüstzeug fehlt den Jungen“, sagt Jackstadt. Sie rechnet deshalb fest damit, dass in den kommenden Wochen noch mehr junge Menschen professionelle Hilfe benötigen.

Unterstützung gibt es in der Station Juliana. Gespräche helfen dabei, sich und das Leben zu reflektieren und in geordnete Bahnen zu lenken. Wichtig sei es in der Behandlung, die neuen Gegebenheiten zunächst einmal zu akzeptieren. Schließlich biete die Pandemie auch Chancen. „Jetzt geht es darum, kreativ zu sein und neue Möglichkeiten zu erkennen“, sagt Jackstadt. Das könne eine Umorientierung im Beruf sein, oder eine Idee, in der Pandemie Sinnhaftes zu leisten. Ihre Aufgabe sieht Jackstadt darin, Wege aufzuzeigen, an die jungen Leute zu glauben und sie wissen zu lassen, dass das Scheitern zum Leben dazugehört, es danach aber weitergeht.

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