Kolumne Mensch Gladbach Von der Nostalgie der Veränderung

Mönchengladbach · Eine Privatisierungs-Partei, die gegen Privatisierung ist. Mülltonnen, die so groß sind, dass fast alles reinpasst. Und ein neues Rathaus als Frequenzbringer. Anschnallen, es wird turbulent.

 Die kleine Tonne lebt weiter - in manchem Mönchengladbacher Haushalt.

Die kleine Tonne lebt weiter - in manchem Mönchengladbacher Haushalt.

Foto: Ilgner

Mönchengladbach ist in Bewegung. Klar, nach vielen Jahren des krisenbedingten Stillstands ist das noch etwas ungewohnt. Wie ein Muskel, der lange nicht benutzt wurde. Im schlimmsten Fall gibt es einen Kater. Aber das ist ein anderes Thema. Jedenfalls passiert viel in unserer Stadt. Dafür reicht schon ein Blick in die vergangene Woche:

Die wichtigste Nachricht war, dass jetzt die Gebühren für das neue Mülltonnensystem so ungefähr feststehen. Viele können aufatmen, weil sie künftig Geld sparen. Für andere wird es teurer, was verständlicherweise für Ärger sorgt. Dafür passt in die neuen großen Tonnen fast alles rein. Schlechte Bedingungen also für das wilde Müllentsorgen, das sich schon zu einer Gladbacher Besonderheit entwickelt hat. Wobei die deutlich höheren Gebühren an den Wertstoffhöfen das wieder wettmachen könnten. Wer aber jetzt schon den kleinen Tonnen nachtrauert: Sie leben weiter, haben wir gehört. Und zwar in Mehrfamilienhäusern, wo kreative Bewohner ihren Müll weiterhin wohnungsnah in diesen Behältnissen sammeln, um ihn darin erst in die große Gemeinschaftstonne im Keller oder Hof zu transportieren. Kompliment, das ist mehr als nur Nostalgie ...

Aber es ist ja auch auf fast nichts mehr Verlass! Die FDP zum Beispiel hat beim Haus Erholung eines ihrer Grundprinzipien über Bord geworfen: Privat vor Staat? Nicht auf dem Abteiberg, so die Liberalen. Ein Verkauf des Denkmals an einen privaten Investor kommt für die Gladbacher Freidemokraten nicht in Frage. Nicht bestätigt ist allerdings, dass sie Steuererhöhungen zustimmen, um den weiteren Betrieb zu sichern. Jetzt könnte ein Bürgerbegehren die ambitionierten Pläne für ein Hotel mit Kongresszentrum in der benachbarten Erholung durchkreuzen. Initiiert haben das übrigens drei Bürger, die glaubhaft beteuern, nicht parteipolitisch instrumentalisiert worden zu sein. Mönchengladbach, so fürchten sie, könnte durch diesen Verkauf einen weiteren Teil seiner Identität verlieren. Merke: Veränderung ist gut, laut Heraklit sogar die einzige Konstante im Universum, aber eben in Maßen.

Verändern wird sich in den Jahren auch die Rheydter Innenstadt – und das hoffentlich zum Besseren: Denn nach der Neugestaltung des Marktplatzes ist jetzt direkt angrenzend ein Frequenzbringer geplant. Frequenz kann in der Tat nicht schaden, wochentags ist der Andrang in der Rheydter Fußgängerzone eher übersichtlich. Überraschend ist, woher die Massen strömen sollen: Aus dem Rathaus! Denn das soll in großem Stil neu gebaut werden (keine Sorge, der denkmalgeschützte Bereich bleibt erhalten) und in einigen Jahren Platz für 1900 städtische Mitarbeiter bieten. Das wären etwa 1300 potenzielle Kunden mehr als heute, jeden Werktag. Das ist ja mal was. Und moderner, effizienter, wirtschaftlicher und bürgerfreundlicher soll’s auch noch sein.

Zu turbulent für eine Woche? Dann lassen Sie sie besinnlich enden. Schließlich steht der erste Advent vor der Tür, und am Ende ist doch alles im Fluss. Darauf einen Glühwein!

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