Volksoper in Mönchengladbach Imposante Chöre in „Boris Godunow“

Mönchengladbach · Nach der einführenden Soiree erlebten 130 Besucher eine Bühnen-Orchester-Probe der Mussorgskij-Oper. Am Samstag hat die Volksoper „Boris Godunow“ Premiere im Theater. Es geht um sieben Jahre russischer Geschichte.

Foto: Theater Krefeld-Mönchengladbach/Matthias Stutte

Es war anregend, weckte Neugierde auf das ganze Stück und ließ naturgemäß Fragen offen: Bei der offenen Bühnen-Orchester-Probe (BO) im Theater sahen etwa 130 Besucher der Soirée zur Neuinszenierung der Volksoper „Boris Godunow“ von Modest Mussorgskij drei Szenen. In zweien davon war die eigentliche Hauptperson der auf einem Drama von Puschkin fußenden Oper unübersehbar und vor allem unüberhörbar auf der Bühne gegenwärtig: die Volksmasse, ein 70 Sängerinnen und Sänger aufbietendes Chorensemble aus Theater- und Extrachor und Gästen.

Dieses imposante Ensemble hatte keine Probleme damit, die von Generalmusikdirektor (GMD) Mihkel Kütson im Graben befehligten Niederrheinischen Sinfoniker stimmkräftig zu übertönen. Bis in die letzte Reihe des Saal-Balkons, auf den Musiktheaterdramaturgin Ulrike Aistleitner die Gäste gebeten hatte, füllten die laut Kütson „mollgestimmten Melodien“ Mussorgskijs die Gehörgänge voll aus. Gespannt sein dürfen die Probenbesucher nun, was sich hinter der Idee der deutsch-russischen Regisseurin Agnessa Nefjodov verbirgt, welche die Choristen, aber auch die Solisten mit fahrbaren Stäben in den Händen auf die Bühne schickt. Die Requisiten erinnern an rollbare Infusionsständer im Krankenhaus – in diesem Fall mit ovalen Glaskolben an der Spitze.

Die gesehenen drei Bilder aus der gewählten Urfassung des „Boris“ lassen es, zumal die Darsteller noch nicht im Kostüm agierten und nur Arbeitslicht eingesetzt wurde, noch nicht zu, Details der Inszenierung vor der Premiere am Samstag zu beurteilen. Spannend war jedenfalls im Vorfeld der Aufführung zu erleben, wie intensiv der musikalische Leiter der Produktion, GMD Mihkel Kütson, szenische und musikalische Details mit Chorgruppen und Solisten erarbeitet. War er mit etwas nicht ganz zufrieden, brach er eine Passage von Bondo Gogia als Leibbojar oder von Johannes Schwärsky in der Titelrolle ab, rief kurze Anweisungen auf die Bühne und ließ das Szenenschnipsel wiederholen.

Aufhorchen ließ nicht allein die sonore, wohlklingende, leicht abgedunkelte Stimme Schwärskys als Godunow, auch Sopranistin Sophie Witte als trauernde Braut Xenia, Boris‘ Tochter, oder der Tenor Kai Scholdybajew (als intriganter Fürst Schuiskij) lieferten famose Stimmproben ab.

Fast 24 Jahre sind vergangen, seit „Boris Godunow“ auf dem Spielplan des Gemeinschaftstheaters stand. Damals, so Aistleitner, sahen die Mönchengladbacher die längere Spielfassung der Oper. „Wir spielen den Ur-Boris mit sieben Bildern“, informierte die Dramaturgin. Die „eigenwillige Orchestrierung“ des Komponisten passe gut zu der von Brüchen gekennzeichneten Handlung, erklärte Kütson. Und Regisseurin Nefjodov ergänzte: „In ihrer stilistischen Rohheit liegt der besondere Charme dieser Oper.“

Inhaltlich geht es um sieben Jahre aus der russischen Geschichte nach dem Tod des gefürchteten Zaren "Iwan der Schreckliche". Der auserkorene neue Zar Boris wird von Gewissensbissen gepeinigt: Er fühlt sich (oder ist tatsächlich) schuldig am gewaltsamen Tod des eigentlichen und natürlichen Thronfolgers Dimitrij. Als sein Gegenspieler erhebt sich der Mönch Otrepjew, der in Polen ein Heer zusammenstellt, um die Zarenkrone für sich zu erobern.

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