Mönchengladbach Der neue Job des Lehrers

Mönchengladbach · Unterricht sieht heute ganz anders aus als noch vor 20 Jahren. Auch die Anforderungen an die Pädagogen haben sich gewandelt. Drei Grundschullehrer der jüngsten Generation berichten, was heute anders, besser und schwieriger ist.

Andreas Czymay, Katrin Schotten und Annelie Behrendt gehören zur jüngsten Lehrergeneration. Die 27- bis 28-Jährigen haben gerade erfolgreich ihr Referendariat abgeschlossen und sind nun voll ausgebildete Grundschullehrer. Seit ihrer eigenen i-Dötzchen-Zeit hat sich viel geändert: Englisch wird schon in den untersten Klassen gelehrt, Frontalunterricht vermieden, selbst der klassische Stundenplan gehört in vielen Grundschulen der Vergangenheit an.

Austausch mit dem Banknachbarn erwünscht Bei Klassenlehrer Czymay brütet ein Kind über Sachkundeaufgaben, während ein anderes liest und ein drittes emsig rechnet. "Die Schüler beschäftigen sich zunächst alleine, tauschen sich untereinander aus, und anschließend diskutieren wir gemeinsam die Ergebnisse. Als Lehrer übernehmen wir vielmehr auch die Rolle des Moderators und stehen den Schülern unterstützend zur Seite", erklärt der 28-Jährige. Ziel sei es, Kinder zum eigenständigen Lernen zu befähigen. Schüler zwischen sechs und zehn Jahren bilden zum beispiel an der Südschule in Krefeld-Fischeln eine Klassengemeinschaft. Ein Konzept, das die im Schulgesetz 2005 verankerte "individuelle Förderung" praktisch umsetzt.

Die Anforderungen wachsen "Bei Klassen mit bis zu 27 bis 33 Schülern ist es schon nachvollziehbar, dass Lehrer auch grimmig werden können und sich fragen, wie soll ich diese Aufgabe im Schulalltag bewältigen?", erklärt Seminarleiterin Angelika Steck-Lüschow. Hätten die Lehrer neben der Umsetzung der ministerialen Pläne doch mit weiteren Problemen wie dem Anstieg von Kindern mit Migrationshintergrund und Personalmangel zu kämpfen.

Lehrstoff und mehr Neben den klassischen Inhalten des Bildungskanons wie Addition oder Subtraktion vermitteln die jungen Grundschullehrer, wie man Schleifen bindet oder richtig mit Messer und Gabel isst. "Definitiv haben wir heute nicht nur einen Lehr-, sondern viel mehr einen Erziehungsauftrag", sagt Czymay.

Ramponiertes Image Lorbeeren dürften sie für das Auffangen elterlicher Defizite jedoch nicht erwarten. Das durch Pisa ramponierte Lehrer-Image sei längst im Schulalltag angekommen. "Manchmal fehlt es schon an Respekt. Einige Eltern erkennen den Lehrerberuf nicht mehr positiv an und geben dies an ihre Kinder weiter", sagt Katrin Schotten, "Für mich wäre es undenkbar gewesen, meine Lehrer zu duzen", meint die 27-Jährige. Heute aber sei das an vielen Grundschulen ganz normal. Kleinere Klassen, Sozialpädagogen zur Unterstützung, Teamteaching und vor allem eine ordentliche Finanzspritze sehen die Junglehrer als notwengig, um der Talfahrt der "Bildungsrepublik Deutschland" entgegen zu wirken. "Finnland beispielsweise investiert einen wesentlich höheren Anteil des Bruttosozialprodukts in die Bildung der Jüngsten", erläutert die neue Grundschullehrerin Annelie Behrendt. Was wir Deutschen von den Finnen lernen können? Dass man "ein Haus nicht auf einem wackeligen Fundament bauen kann", so die 27-Jährige.

(RP)
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