Leverkusen Vor 50 Jahren die Großstadt geboren

Leverkusen · Thomas Krüger machte Leverkusen vor 50 Jahren zur Großstadt. Er ist der 100.000. Einwohner. Die Berichte der Zeitzeugen gehen um eine halbe Stunde auseinander. War es nun 10.25 Uhr oder 10.55 Uhr? Belegt zu sein scheint allerdings, dass Leverkusen am Vormittag des 17. November 1963 nur um lediglich 3050 Gramm anwuchs. Aber auch das war genug, um zwei Schwergewichte der Stadtverwaltung gen St-Josef-Krankenhaus ziehen zu lassen.

 Der 100.000. und die 100.001. Bewohnerin Leverkusens: Thomas Krüger (links) und Zwillingsschwester Marlene in den Armen der Mutter

Der 100.000. und die 100.001. Bewohnerin Leverkusens: Thomas Krüger (links) und Zwillingsschwester Marlene in den Armen der Mutter

Foto: Stadtarchiv

Ganz im Stile der Heilgen Drei Könige zogen Oberbürgermeister Heinrich Lützenkirchen und Oberstadtdirektor Walther Bauer los, um dort das Neugeborene zu begrüßen. Auf Myrrhe, Weihrauch und Gold verzichtete das Duo, hatte stattdessen ein eigens im DIN-A-4-Format angefertigtes Sparbuch (Guthaben: 100.000 Pfennige), eine Wiege, eine Babyausstattung und einen Kinderwagen im Geschenke-Portefolio.

Der Junge, dem der große Bahnhof galt, war Thomas Krüger, und er machte Leverkusen zur Großstadt. Denn mit seiner Geburt sprang die Einwohnerzahl der Stadt von 99 999 auf 100 000 um. Leverkusen war bundesweit seinerzeit die 56. Stadt, die sich Großstadt nennen durfte. Als Nummer 55 hatte Neuss, das damals noch Neuß hieß, im selben Jahr die Sechsstelligkeit erreicht, ein Jahr später folgte Göttingen.

Thomas Krüger, der etwa drei Kilogramm schwere, junge Mann mit dem dunklen Haar, hatte gleichzeitig in eine weibliche Domäne Einzug gehalten. Denn, wie der Heimathistoriker Helmut Lehmler zusammengetragen hat, war es zuvor Frauensache, für die runden Zahlen zu sorgen: Nachdem Leverkusen im Jahr 1955 mit 77 146 Einwohnern in den Rang der kreisfreien Stadt erhoben wurde, machten zwischen Juli 1956 und Februar 1961 Birgitt Meubrink die 80.000, Gabriele Etzrodt die 85.000, Ortrin Stroh die 90.000 und Hildegard Pütz die 95.000 voll. Dass Thomas Krüger diese Reihe fortsetzte, war seiner Eile geschuldet. Denn bereits zehn Minuten später kam Bürger Nummer 100.001 zur Welt: seine Zwillingsschwester Marlene.

Immerhin: Sie wurde in den folgenden Jahrzehnten stets mitbedacht, wenn im Hause Krüger runde Geburtstage anstanden und sich die Stadt-Chefs mal wieder die Ehre gaben. Im Alter von zehn Jahren stand Oberbürgermeister Wolfgang Dopatka vor der Haustüre: mit großem Gefolge und zwei nagelneuen Fahrrädern für die Zwillinge. "Das war ein Auftrieb in unserer Straße", erinnerte sich Thomas Krüger vor zehn Jahren. Da saß er gerade mit Dopatkas Nach-Nach-Nach-Nachfolger Paul Hebbel im Schloss Morsbroich, der den beiden ersten Großstadtkindern immerhin noch einen Kaffee und eine Seite im Goldenen Buch der Stadt spendierte.

Am Mittwoch, vier Tage vor seinem und dem 50. Geburtstag der Großstadt Leverkusen, wird es zumindest ein Stück Torte für Thomas Krüger geben. Denn die nun fast ein halbes Jahrhundert andauernde Tradition fortsetzend, hat das amtierende Rathaus-Oberhaupt Reinhard Buchhorn zum Anschneiden der "Großstadt-Geburtstagstorte" in seinen Amtssitz eingeladen. Und zwar genau um 17 Uhr — darüber gibt es in diesem Fall keine zwei Meinungen.

(zill)
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