Leverkusen Lanxess-Chef kritisiert Bundespolitik scharf

Leverkusen · Axel Heitmann appellierte bei der Vorstellung der lauen Quartalszahlen eindringlich an Merkel & Co., die Ökostromsteuer zu überarbeiten.

 Der Konzern ist derzeit in weiten Teilen seiner Produktion von der EEG-Umlage nicht belastet, etwa in Leverkusen, Krefeld und Dormagen.

Der Konzern ist derzeit in weiten Teilen seiner Produktion von der EEG-Umlage nicht belastet, etwa in Leverkusen, Krefeld und Dormagen.

Foto: US

Ob Lanxess-Chef Axel Heitmann die Aufzeichnung der Telefonpressekonferenz zu den Bilanzzahlen des dritten Quartals gestern noch als E-Mail-Anhang zum Kanzleramt nach Berlin geschickt hat? Richtig aufgehoben wäre sie dort und nebenan im Reichstag. Die letzten Sätze seiner Rede waren für die Ohren der Bundespolitiker bestimmt. Es waren ebenso harte wie energische Worte zum Leidthema der deutschen Industrie: die Energiewende und das Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG, auch Ökostrom-Steuer).

"Um es ganz deutlich zu sagen: Wir sind an der Grenze der Belastbarkeit angekommen. Und gerade gegenüber der US-Konkurrenz geraten wir ins Hintertreffen", formulierte Heitmann. "Heute ist Erdgas in Europa fast drei Mal so teuer wie in den USA", fügte er ein Beispiel an. Gerade die Chemie-Industrie in Deutschland gebe Impulse für Innovationen. "Dafür brauchen wir die richtigen Rahmenbedingungen. Sonst sind zukünftige Investitionen in den Chemiestandort Deutschland in Gefahr. Und das darf nicht passieren. Hunderttausende Arbeitsplätze stehen auf dem Spiel."

Der Manager forderte von der Politik eine "fundamentale Reform der deutschen Energiesituation und hier insbesondere eine grundlegende Änderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes". Dazu gehört auch, dass energieintensive Industrien weiterhin von der Zusatzbelastung durch die Ökostromsteuer ausgenommen bleiben. "Ansonsten kämen allein auf Lanxess in Zukunft Mehrkosten in dreistelliger Millionen-Euro-Höhe jährlich zu." Der Konzern ist derzeit in weiten Teilen seiner Produktion von der EEG-Umlage nicht belastet, etwa in Leverkusen, Krefeld und Dormagen. "An anderen Standorten sind wir das aber sehr wohl", berichtete Heitmann.

Ob Lanxess bei künftigen Investitionen schon darüber nachdenkt, ins Ausland zu gehen — Ähnliches hatte es der Burscheider Automobilzulieferers Federal Mogul vor kurzem nicht ganz ausschließen können —, sagte Heitmann gestern nicht. Vielmehr wird er derzeit damit beschäftigt sein, das Sparprogramm weiter voranzutreiben, bei dem unter anderem weltweit bis 2015 rund 1000 Stellen gestrichen werden.

Immerhin erahnt der Manager am Krisen-Horizont einen zarten Silberstreif: "Wir sehen eine Stabilisierung unserer Geschäfte." Von einer Erholung es Marktes könne man aber noch nicht sprechen. Lanxess spürt das an den Zahlen: Zwar konnte der Dax-Konzern den Absatz steigern (plus neun Prozent), weil Kunden langsam wieder Lager auffüllten. Das aber konnte die um elf Prozent gesunkenen Verkaufspreise nicht wettmachen.

Fürs vierte Quartal sieht Heitmann eher die Talsohle als den nächsten Gipfel. Der Konzern erwartet eine verhaltene Nachfrageentwicklung. Fürs Gesamtjahr konkretisierte Heitmann die Ergebnisprognose von 700 bis 800 Millionen Euro Ebitda (Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen) auf 710 und 760 Millionen Euro.

(RP)
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