Krefeld Villa Heusgen ist nicht von Mies

Krefeld · Die Nachricht ist ein Knaller: Die Kunsthistorikerin Christiane Lange hat Belege, dass das Haus am Talring nicht von dem Bauhaus-Architekten Mies van der Rohe erbaut wurde. Die Forschung hatte bisher Zweifel an der Urheberschaft.

Nun hat Christiane Lange keine Zweifel mehr. "Haus Heusgen ist nicht von Ludwig Mies van der Rohe", sagt die Kunsthistorikerin und Urenkelin von Hermann Lange. In ihrem in diesem Frühjahr herausgekommenen Buch "Ludwig Mies van der Rohe – Architektur für die Seidenindustrie" hatte sie das Haus am Hülser Berg als "Umkreis Ludwig Mies van der Rohe" beschrieben, das von Rudolf Wettstein und Willi Kaiser realisiert wurde. Den Bauauftrag für das Haus reichte Milly Geissen für sich und ihren Verlobten Karl Heusgen 1932 ein, im Juli 1933 war der Bau fertig und abgenommen. Als Architekt unterzeichnete Rudolf Wettstein, die Nähe des Entwurfs zu Mies van der Rohe war aber offensichtlich.

"Die Zigarre fehlt"

Es gibt jedoch keine schriftlichen Quellen, keine Pläne oder Korrespondenz, die Mies als Urheber nennen. Wohl existieren mehrere Fotos von der Baustelle. Auf einem ist ein Mann in Mantel und Hut abgebildet, der in Figur und Habitus Mies sein könnte, aber nicht eindeutig zu identifizieren ist. "Die Zigarre fehlt", sagt Christiane Lange.

Mies selber hat nie von Haus Heusgen gesprochen. Und Familie Heusgen soll aus persönlichen Gründen die prominente Urheberschaft nicht publik machen wollen. "Wettstein kann es aber nicht gewesen sein", zweifelt Christiane Lange dessen architektonische Fähigkeiten an.

Als zweiter Name auf dem Bauschild stand Willi Kaiser. Kaiser war schon als künstlerischer Leiter für Mies van der Rohe beim Barcelona-Pavillon und beim Bau der Häuser Lange und Esters verantwortlich. Allerdings stand hinter seinem Namen die Ortsangabe "Göteborg". Kaiser war aber Kölner, das schien für Christiane Lange zuerst irritierend. "Ich habe noch mal in Archiven gesucht und bin fündig geworden", sagt sie. Jetzt weiß sie, dass Kaiser später nach Göteborg gegangen ist.

Wo sie was fand – "Jedenfalls nicht in Deutschland" – und welche Belege sie hat, will sie noch nicht sagen. Dazu plant sie fürs Frühjahr eine Veröffentlichung. Es bleiben den Krefeldern aber noch Haus Lange und Haus Esters als Mies-Erbe, auch die Verseidag. Und die Gewissheit, dass unter anderen wirtschaftlichen und politischen Bedingungen auch noch ein schon geplantes Verseidag-Verwaltungsgebäude entstanden wäre. Und ein Wohnhaus für Ulrich Lange und das Clubhaus des Golfclubs auf dem Egelsberg. Das soll im nächsten Jahr durch den Verein, dem Christiane Lange vorsteht, für sechs Monate als 1:1-Modell auf dem Egelsberg errichtet werden. Wenn Haus Heusgen nun aus dem Mies-Erbe herausfällt, so ändert das nicht viel. "Das Haus wird dadurch nicht schlechter und nicht besser", sagt Lange. Und bei der Bewerbung zum Unesco Welterbe ist das Haus ohnehin nicht aufgeführt gewesen.

(RP)
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