Theater Krefeld und Mönchengladbach Hilfe für zerstörtes Theater in Beirut

Krefeld · Bei der Explosion in der libanesischen Hauptstadt sind die Räume der Zoukak Theatre Company zerstört worden. Die Leiterin Maya Zbib sollte eigentlich hier inszenieren. Nun sammeln die deutschen Kollegen für den Wiederaufbau.

 Ein Bild, das um die Welt gegangen ist: Rettungskräfte löschen das Feuer im Hafen von Beirut.

Ein Bild, das um die Welt gegangen ist: Rettungskräfte löschen das Feuer im Hafen von Beirut.

Foto: dpa/Hussein Malla

Bruno Winzen erinnert sich genau an den Moment: Es war der 4. August, der Schauspieler genoss die Frühabendsonne und hörte Nachrichten: In Beirut  hatte sich eine fürchterliche Katastrophe ereignet. In einem Hafenspeicher waren 2750 Tonnen Ammoniumnitrat explodiert. Weite Teile der Stadt wurden zerstört. Die Zahl der Todesopfer sollte auf 190 steigen, die der Verletzten über 6500. Und dann der Schock: „Mein Gott, ich kenne Menschen, die da leben. Mein Mitgefühl wurde konkret“, erzählt er.

Im Karantina-Viertel, in der Nähe des Hafens,   hat die Zoukak Theatre Company ihre Räume. Deren Leiterin Maya Zbib hat 2013 am hiesigen Theater  „Ein Gedächtnis für das Vergessen“ in der Reihe „Außereuropäisches Theater“ inszeniert. In dieser Spielzeit sollte sie Heiner Müllers Anatomie Titus auf die Bühne in Krefeld und Mönchngladbach bringen, was wegen Corona auf 2021/22 verschoben ist. Winzens Schauspielkollegin Eva Spott war in Kontakt mit Maya Zbib – und sofort drängte die Frage: Wie kann man helfen?

 Ein Zeichen der Solidarität: Als die Libanesin Maya Zbib dieses Foto der Theaterkollegen aus Krefeld/Mönchengladbach sah, war sie sehr ergriffen.

Ein Zeichen der Solidarität: Als die Libanesin Maya Zbib dieses Foto der Theaterkollegen aus Krefeld/Mönchengladbach sah, war sie sehr ergriffen.

Foto: Matthias Stutte

Winzen hat mit Unterstützung des Theaters und unter Schirmherrschaft von Oberbürgermeister Frank Meyer eine Spendenaktion organisiert. Auf der Internetplattform „gofundme“ wird gesammelt.

 Die Räume der Zoukak Theatre Company in Beirut vor der verheerenden Explosion.

Die Räume der Zoukak Theatre Company in Beirut vor der verheerenden Explosion.

Foto: ZTC

„Es ist nicht so einfach, dort zu helfen. Die Menschen standen  natürlich unter Schock. Sie reagierten mit spontaner Dankbarkeit, aber auch mit einer gewissen Reserviertheit. Sie wussten nicht, ob es an diesem Ort noch Zweck hätte weiterzumachen oder ob sie gehen müssten“, berichtet Winzen. Und dass ihn diese Option tief bewegt habe: „Die Theatercompany leistet nicht nur kulturelle, sondern auch ganz konkrete soziale Arbeit mit Mitteln des Theaters. Der Libanon ist ein Flüchtlingsland. Zuerst kamen überwiegend Palästinenser, heute viele Syrer. In den Lagern spielt die Company Theater und lässt auch die Menschen Theater spielen. Das ist konkrete Hilfe bei der Aufarbeitung von Traumata.“ Das Beiruter Theaterkollektiv hat dazu Formen der Drama-Therapie entwickelt.

 Die Explosion hat die Räume verwüstet, das Equipment ist zerstört, auch die Wand aus Glasbausteinen ist eingestürzt.

Die Explosion hat die Räume verwüstet, das Equipment ist zerstört, auch die Wand aus Glasbausteinen ist eingestürzt.

Foto: ZTC

Maya Zbib wollte keine persönlichen Spenden. Sie stellte klar: „Wenn wir etwas annehmen, dann nicht für uns, sondern für das Theater.“ Wie das Unglück die Theaterleute persönlich getroffen hat, ist nicht Thema. Aber zu wissen, dass weit weg in einem anderen Land Menschen an die Compny denken, gibt Kraft.

Die Hilfsorganisationen müssen sich in Beirut um das Überlebensnotwendigste kümmern. Für ein Theater ist kein Geld zu erwarten. Das Gebäude der Company steht noch, aber Zuschauerraum, Büro und Probenräume sind verwüstet, Wände sind eingestürzt, technisches Equipment ist zerstört. Winzens Ziel sind 10.000 Euro. „Das entspricht einer Kaufkraft von etwa 40.000 Euro im Libanon. Damit kann das Theater wieder arbeiten.“ Knapp die Hälfte ist bereits zusammengekommen.

Winzen und seinen Helfern im Theater ist es wichtig, dass die Hilfe seriös ist. Und dass sie den Kollegen in Beirut auf Augenhöhe begegnen. Dort stellt das Leben andere Forderungen. Es ist geprägt von Angst und Vorsicht. „Das Bemühen, sich am Morgen einen Kaffee zu kochen oder frei über die Straße zu gehen, wenn jederzeit Bomben fallen können, prägt die Menschen in der arabischen Welt“, sagte Maya Zbib, als sie 2013 in Krefeld war. Aber es setzt auch Kräfte frei. „Wir können Hoffnung geben“, meint Winzen.

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