Urteil in Krefeld Rentner qualvoll erstickt - Elf Jahre Haft für Drahtzieher

Krefeld · Für den tödlichen Raubüberfall auf einen Rentner in Krefeld ist der Drahtzieher des Verbrechens zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Das Krefelder Landgericht sprach den 54-Jährigen am Freitag wegen Raubes mit Todesfolge schuldig.

Der Angeklagte im Gerichtssaal.

Der Angeklagte im Gerichtssaal.

Foto: Andreas Drabben/samla

Für den tödlichen Raubüberfall auf einen Rentner im Oktober 2016 in dessen Krefelder Wohnung ist am Donnerstag einer der Drahtzieher des Verbrechens zu elf Jahren Haft verurteilt worden. Das Landgericht sprach den 54-Jährigen wegen Raubes mit Todesfolge schuldig. Die Staatsanwältin hatte zwölf Jahre Haft beantragt.

Der Mann war im Mai in Solingen von Zielfahndern aufgespürt worden. Nach Überzeugung der Richter hatte er den Überfall vorbereitet und den Fluchtwagen gefahren. Der Verteidiger kündigte an, gegen das Urteil Revision einzulegen und es vom Bundesgerichtshof überprüfen zu lassen. Die mutmaßlichen Komplizen des Angeklagten waren bereits im Januar vom Landgericht zu Haftstrafen bis zu 14 Jahren verurteilt worden. Der 54-Jährige hatte wegen ähnlicher Taten bereits mehr als  acht Jahre Haft verbüßt. Für eine mögliche Beeinträchtigung durch Drogen, durch die die Steuerungsfähigkeit eingeschränkt gewesen sein könnte,  sah der Richter keine Anhaltspunkte. Mit dem 54-Jährigen fasste die Polizei im Mai 2018 das letzte Mitglied der Bande, die vor zwei Jahren im Kleinanzeigenteil in der Sparte „Trödel und Antik“ Personen gesucht hatte, die sie bestehlen wollten.

Gemeinsam mit den übrigen fünf Mitgliedern – vier Männern und einer Frau – war der Angeklagte in die Wohnung des Rentners eingedrungen, nachdem sich einer aus der Gruppe als Paketbote ausgegeben und  den Mittätern so Zutritt verschafft hatte. Dort fesselten und knebelten sie den gehbehinderten Senior. Die Hände des Opfers waren vorne über Kreuz verbunden, das Gesicht mit Klebeband bedeckt. Lediglich eine viel zu kleine Öffnung im Bereich der Nase wurde ausgespart. Die Zunge war mit einem Knebel so fixiert, dass sie in den Rachenraum gepresst wurde. Darüber hinaus war die Nase des Rentners gebrochen, möglicherweise durch seine Gegenwehr, sodass Blut die Atmung weiter behinderte. Er erstickte. Einen Tötungsvorsatz hatte die Kammer nicht nachweisen können, da die Nasenlöcher des Rentners nicht zugeklebt und ihm damit zumindest theoretisch eine Möglichkeit zum Atmen geblieben war.

Mehrere Tage nach der Tat war der Krefelder von Bekannten als vermisst gemeldet worden. Die Polizei ließ schließlich durch einen Schlüsseldienst die Wohnung öffnen und fand den Toten auf dem Rücken liegend im Badezimmer. Sein Gesicht war mit einem Handtuch bedeckt. Das, so einer der Beteiligten, habe man „aus Respekt vor dem Toten“ auf ihn gelegt.

Die Gruppe soll bei dem Opfer Antiquitäten im Wert von mehreren 100.000 Euro vermutet haben. Den Wert der gestohlenen Gegenstände – Messingfiguren, Kreuze, siebenarmige Kerzenleuchter und eine antiquarische Ausgabe Schillers – bezifferte das Gericht nicht; er betrug aber lediglich einen Bruchteil dessen, was sich die Täter erhofft hatten. Der 79-Jährige besaß aber gar keine Kostbarkeiten. Im Gegenteil: Weil die Rente nicht reichte, hatte er immer wieder einige Teile versetzen müssen. Nicht mal mehr seinen Strom konnte er pünktlich zahlen. Drei Monate nach der Tat hatte die Polizei zehn Verdächtige festgenommen. Die Gruppe soll sich darauf spezialisiert haben, ältere Menschen im Rheinland und im Ruhrgebiet zu bestehlen. Eine DNA-Spur an dem Panzerklebeband hatte die Mordkommission auf ihre Spur gebracht.

Der Rentner hatte in Krefeld zurückgezogen gelebt und wenige soziale Kontakte. Freunden hatte er vor der Tat berichtet, dass zwei Frauen einen Teppich aus der Wohnung mitnehmen und reinigen wollten, das habe er aber abgelehnt. Die Frauen wollten wiederkommen. Sie seien von den zahlreichen Antiquitäten in seiner Wohnung entzückt gewesen. Seine Bekannten hatten ihn noch gewarnt - vergeblich.

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