Doppelausstellung in Krefeld Würdigung für den Meister des Lichts

Krefeld · Ab 27. September erinnert eine Doppelausstellung an den Glaskünstler Hubert Spierling. In der „Alten Post“ und in seinem Atelier- und Künstlerhaus steht vor allem das wenig bekannte malerische Werk im Mittelpunkt.

 Ein Blick von oben aus dem Wohnbereich ins Atelier, das der Architekt Heinz Döhmen 1976 für Spierling entworfen hat.

Ein Blick von oben aus dem Wohnbereich ins Atelier, das der Architekt Heinz Döhmen 1976 für Spierling entworfen hat.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Wer glaubt, dass Weiß einfach nur weiß ist, der hat Hubert Spierling nicht gekannt. Der Künstler konnte dezidiert auseinanderlegen, welches Weiß eine wärmere Wirkung hat, welches einen Raum nach oben hin öffnet oder auch harmonisch beschließt, damit die Farben darunter größtmögliche Strahlkraft erlangen. Und er gab nicht auf, bevor er den perfekten Ton hatte. Die vielen Farben Blau in den fenstern von St. Cyriakus in Hüls geben eine Ahnung davon. An mehr als 200 Orten hat der vor zwei Jahren gestorbene Künstler seine Glasmalereien hinterlassen, viele am Niederrhein, aber auch im Limburger Dom. Spuren, die zu den bedeutendsten in der Glaskunst seiner Generation zählen. Hubert Spierling (1915 - 2018) malte mit der Wirkung des Lichts. Der Verein Kunst und Krefeld würdigt sein malerisches Werk in einer Doppelausstellung. Ab  Sonntag, 27. September, sind Glasmalerei-Entwürfe in der Alten Post zu sehen. An dem Wochenende öffnet Raimund Spierling das Atelier seines Onkels Hubert Spierling am Winnertzweg, wo Malerei und Glasmalerei zu sehen sein werden.

Durch ein immenses Konvolut haben sich Beatrix Vater-Dobberstein und Christoph Tölke von Kunst und Krefeld gearbeitet, um die Auswahl an bisher nicht gezeigten Entwürfen für die Alte Post zusammenzustellen. Das Fenster aus dem Krefelder Hauptbahnhof ist dort zu sehen – in einer anderen Farbgebung, auch die Zeichnungen für die Kirchenfenster von St. Dionysius.

Die Zeit und häufiges Entrollen haben ihre Spuren hinterlassen an der „Arche Noah“, der Grund ist so brüchig, dass man den Atem anhalten möchte. Aber der Entwurf von 1957 für die Taufkapelle St. Josef in Hamm kennzeichnet die frühe Stilsprache Spierlings. Die Entwicklung zu den Arbeiten aus den 2000er Jahren  lässt sich in der Schau verfolgen. Wie er thematisch von klassischen, figürlichen Darstellung religiöser Themen zur freien, philosophischen Farbensprache findet, zeigen die Papierarbeiten aus einem halben Jahrhundert.

Spierling hatte zunächst in Hamburg angewandte Malerei studiert. später war er Meisterschüler bei Gustav Fünders an der Krefelder Werkkunstschule, gemeinsam mit August Pigulla und Joachim Klos. Alle drei zählten zu den großen Vertretern der Glasmalerei nach 1945. Es war die Zeit für ihre Kunst. Nachkriegsdeutschland baute neue Kirchen, und in vielen Gotteshäusern waren die Fenster während des Kriegs zerstört worden. Die Fünders-Schüler waren gefragt. Klos galt als der Grafiker, Pigulla als der Plastiker, Spierling als der Malerische  Und das zeigt die Ausstellung.

„Sein malerisches Werk ist weitgehend unbekannt“, sagt Tölke. Dabei ist jedes Blatt ein Universum, in dem sich mit jedem Blick neue Details auftun. Auf wenigen Quadratzentimetern eröffnet Spierlig mit feinem Strich ganze Welten. Mit Akkuratesse und Zartheit erschafft  er Früchte, Blätter oder Gesichter, lässt Adams und Evas Bestürzung über die Vertreibung aus dem Paradies in wenigen Linien aufscheinen.

Es sind die nicht immer sichtbaren, aber immer spürbaren Details, die Spierlings Werk leuchten lassen. Tölke berichtet von der letzten großen Arbeit des Künstlers, n fenstern in der Hülser Konventkirche. „An der Seite zu den Bäumen sind die Fenster fast transparent, damit die Natur in den raum hineinscheint. Auf der anderen Seite sind sie fast opaque, damit die gegenüberliegende Fassade unsichtbar bleibt. Das fällt einem in der Kirche nicht auf, aber man spürt die Atmosphäre.“

Der Mann, der mit dem Licht malte, wirkte an einem besonderen Arbeitsplatz. Sein Atelier am Winnertzweg hat die Anmutung eines gläsernen Zeltes, das die Sonne flutet, aber auch ein niederrheinischer Nieselswettertag nicht dunkle macht. „Das Haus hat der Architekt Heinz Döhmen 1976 entworfen und ganz auf die Bedürfnisse des Künstlers abgestimmt“, berichtet Tölke. Mit Döhmen gemeinsam hat Spierling mehrere Projekte umgesetzt. Eines davon ist die Zeltkirche St. Hubertus am Hohen Dyk. „Sie war einst als Provisorium gedacht, blieb aber zum Glück erhalten“, sagt Tölke. Seine Hoffnung ist es, das  Atelier als Künstlerhaus zu erhalten. Der Verein hält über die enttsprechenden Stiftungen bereits drei Künstlerhäuser: von Axel Vater, Hans-Joachim Albrecht und Hellmut Seegers. „Wir erhalten sie ganz ohne öffentliche Zuschüsse. Wir pflegen dort die Werke der Künstler und ermöglichen einmal im Quartal eine öffentliche Besichtigung.“

Die Kulturförderung der Sparkasse Krefeld hat das Spierling-Fenster im hauptbahnhof und eine 2010 eine große Werkmonografie ermöglicht. Jetzt unterstützt sie die Doppelausstellung mit einem aufwändig gestalteten Katalog, der eine Fundgrube für Spierling- und Glasmalerei-Interessierte ist.

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