Fluitbach in Korschenbroich Streit um Gewässer ohne Wasser

Raderbroich · Vor 14 Jahren hat Jürgen Schäffler am Fluitbach sein Haus gebaut. Seine Gartenmauer soll er nun abreißen. Sie verstoße gegen geltendes Wasserrecht. Dabei liegt das Gewässer trocken. Zwischen Recht und gesundem Menschenverstand.

 Jürgen Schäffler steht an seinem Steg im Fluitbach. Nass wird er dabei nicht.  Foto: Detlef Ilgner

Jürgen Schäffler steht an seinem Steg im Fluitbach. Nass wird er dabei nicht. Foto: Detlef Ilgner

Foto: Ilgner Detlef (ilg)

Jürgen Schäffler lebt an einem Gewässer, dass kein Wasser führt. 2005 hat er sein Haus am Fluitbach in Raderbroich gebaut. Einmal, ganz am Anfang, habe er erlebt, dass Wasser im Bachlauf stand. Weil Schäffler zu nah an die Böschung gebaut hat, muss er dennoch reagieren. Steg, Zaun, Mauer, Treppe – alles müsse weg. Fordert der Rhein-Kreis Neuss. Und Schäffler klagt dagegen.

„Niemand kann diese Aufforderung verstehen“, sagt er. Was die Behörde von ihm will verursacht Kosten, es verkleinert sein Grundstück. „Dabei ist das völlig sinnlos“, sagt Schäffler. Für ihn sei das Willkür, die er von Arbeitsaufenthalten im Ausland kenne. Aber in Deutschland dachte er immer, er lebe in einem Rechtsstaat, mahnt er an. In einer Demokratie, die sich um ihre Bürger kümmert. Und sie nicht schikaniert.

Rechtlich sieht es schlecht aus für ihn, das weiß auch Schäffler. Seine Anbauten verstoßen gegen die Normen des geltenden Wasserrechts. Sie halten den gesetzlichen Mindestabstand von drei Metern zum Bach nicht ein. Sind daher nicht genehmigungsfähig. Wenn es sich denn um ein Gewässer handelt. Und das bestreitet Schäffler.

Der Kreis hält dagegen. „Gewässer müssen nicht immer Wasser führen“, sagt Norbert Clever, Leiter des Kreisumweltamtes. Er verweist auf wichtige Entwässerungsstrukturen des Baches. „Mit Blick auf Starkregenereignisse ist es wichtig, dass der Fluitbach seinen Charakter bewahrt“, sagt er. Ob er nun dauerhaft Wasser führe oder nicht.

Nicht nur Schäffler hat ein solches Schreiben vom Kreis erhalten. Auch alle seine Nachbarn mussten ihre Zäune zurücksetzen. Sie sind der Aufforderung gefolgt. Es gebe jedoch im Stadtgebiet weitere Menschen, die gegen derartige Maßnahmen rechtlich vorgangen seien. Laut Clever sind sie alle gescheitert.

Auch Schäffler. Vor dem Verwaltungsgericht Düsseldorf klagte er gegen die Vorgabe des Kreises. Am 22. Juli scheiterte er. Unbegründet, abgelehnt. So hieß es. „Die Richterin hatte ihr Urteil schon vorgeschrieben“, sagt er. Er legte Berufung ein. Wartet derzeit, ob die nächsthöhere Instanz diese zulässt. Mittlerweile wurde der Streitwert vom Gericht auf 20.000 Euro erhöht, vorher hatte Schäffler 5000 Euro als Schätzwert angegeben. „Die Retourkutsche für die Frage ob wir in die Berufung gehen können“, meint Schäffler. Damit seine Anwaltskosten steigen. Ein Wert, der sich am Streitwertkatalog orientiert, sagt ein Sprecher des Verwaltungsgerichts.

Es scheint ein aussichtloser Kampf zu sein, den Schäffler da führt. Auf der rechtlichen Ebene hat er wohl keine Chance. Seine Argumente sind moralische. Es geht ihm ums Prinzip. Er sieht nicht ein, warum er Vorgaben erfüllen muss, die seiner Ansicht nach keinen Sinn ergeben. Selbst wenn der Bach noch einmal Wasser führen würde. Das Bachbett sei vor seinem Haus so tief, da könne ohnehin nichts passieren. Zuvor, so Schäffler, würden ganz andere Grundstücke überflutet.

Clever hat prinzipiell Verständnis. „Es ist natürlich schlecht für den Betroffen, wenn wir sagen: Das muss da weg“, sagt er. „Aber es gibt eben gesetzliche Regelungen, die dann auch eingehalten werden müssen.“ Verstöße wie die von Schäffler gebe es im Kreisgebiet einige. Und die Behörde arbeite sie Stück für Stück ab. Ohne Ausnahme. Ob der jeweils Betroffene den Sinn nun sehe oder nicht.

Doch das ist genau Schäfflers Hoffnung. Dass er bei der nächsten Instanz auf einen Richter trifft, der merkt, was da für ein unsinniger Streit ausgetragen wird. „Der die Kirche im Dorf lässt“, wie er es sagt. Denn ums Geld geht es schon lange nicht mehr. 5000 Euro hat Schäffler nach eigener Aussage bislang in den Rechtsstreit investiert. Ungefähr genauso hoch schätzt er die Kosten des verlangten Umbaus. Er will, dass der gesunde Menschenverstand über die Regeln siegt. Bislang sieht es nicht danach aus.

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