Kleve Warbeyen - Polizei geht von Brandstiftung aus

Kleve · Einige der in der Nacht zu Samstag aus einem brennenden Haus geretteten 24 Menschen waren gestern noch in einer Notunterkunft. Es gibt widersprüchliche Aussagen zur Qualität ihrer Versorgung.

Zwei Häuser in Kleve brennen völlig aus
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Die Brandsachverständigen der Kriminalpolizei sind sich drei Tage nach dem Brand eines Wohnhauses an der B 220 in Warbeyen, in dem sich 24 osteuropäische Zeitarbeiter aufhielten, als das Feuer ausbrach, ziemlich sicher: "Wir gehen von einer Brandstiftung aus", sagte Polizeisprecher Manfred Jakobi. Einen technischen Defekt schließen die Experten nach Aussage des Behördensprechers als Ursache des Feuers aus. Entstanden ist der Brand laut Ermittlungen im Erdgeschoss des Hauses. Die Untersuchungen dauerten jedoch an. Der Brandort ist von der Behörde inzwischen wieder freigegeben, so dass der Eigentümer nun dort für Sicherheit sorgen müsse. Ob das Gebäude abgerissen werden muss, konnte Manfred Jacobi nicht sagen. "Das müssen Architekten oder andere Bau-Sachverständige entscheiden."

Von den 24 Personen, von denen sich die meisten aus dem brennenden Gebäude schon vor Eintreffen der Feuerwehr gegen 1.20 Uhr ins Freie hatten retten können, war laut Polizeiangaben der "größte Teil" dort "nicht offiziell gemeldet". Inoffiziell war zu hören, dass nur sieben der 24 Menschen dort ihren Wohnsitz gemeldet hatten. Der überwiegende Teil der Brandopfer ist polnischer Nationalität, einige stammen laut Angaben von Manfred Jakobi aus der Slowakei.

Unbewohnbar ist das Haus an der B 220, in der in der Nacht zu Samstag ein Feuer ausgebrochen war.

Unbewohnbar ist das Haus an der B 220, in der in der Nacht zu Samstag ein Feuer ausgebrochen war.

Foto: Gottfried Evers

"Ungewöhnlich" nannte der Polizeisprecher die Tatsache, dass nur bei einer Person Anzeichen einer Rauchgasvergiftung festgestellt worden seien und diese im Krankenhaus behandelt werden mussten. Ein weiterer Hausbewohner sei mit Schnittverletzungen in die Klinik gebracht worden. Alle anderen blieben unverletzt. "Das bedeutet, dass sie bereits recht rasch nach dem Ausbruch des Feuers ins Freie gelangt sind", sagte Manfred Jakobi.

 Ein Slowake (rechts) besitzt nur noch T-Shirt, Badeschlappen, Jogginghose und Jeans. Jussef konnte noch seinen neunjährigen Hund aus den Flammen retten.

Ein Slowake (rechts) besitzt nur noch T-Shirt, Badeschlappen, Jogginghose und Jeans. Jussef konnte noch seinen neunjährigen Hund aus den Flammen retten.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die Stimmung in der städtischen Notunterkunft an der Jülicher Straße 6 in der Klever Oberstadt, in der einige der insgesamt 24 osteuropäischen Arbeiter untergebracht sind, die in der Nacht zu Samstag aus einem in Brand geratenen Haus in Warbeyen entkommen konnten, schwankte gestern zwischen Verzweiflung und Wut. Ein Slowake zeigte, was er noch besitzt: eine Jeans, ein Paar Badelatschen, ein T-Shirt und eine Jogging-Hose. "Alles andere ist verbrannt. Ich habe sonst nichts mehr", sagt der Mann.

Auch die anderen Brandopfer, die noch in der Nacht zu Sonntag von der Stadt Kleve in der Notunterkunft untergebracht worden waren, besitzen nicht mehr als sie in der Nacht am Leib trugen. Verbrannt sind fast alle ihre Dokumente - Personalausweis, Führerschein. Gestern mussten viele der Osteuropäer ins Klever Rathaus, um neue Ausweispapiere zu beantragen, oder sie machten weitere Aussagen bei der Polizei.

Wütend sind die nun in der Notunterkunft Untergebrachten darüber, wie Behörden und ihr Arbeitgeber, die niederländische Zeitarbeitsfirma TWG aus s'Heerenberg, mit ihnen nach dem Brand umgegangen sind. Die Firma habe zwar noch am Sonntag einige ihrer Kollegen abgeholt und anderswo untergebracht. Den anderen aber habe man gesagt, wenn sie am Montag nicht wieder zur Arbeit kommen würden, seien sie entlassen. "Wie sollen wir das machen", fragt eine der in der Notunterkunft untergebrachten Frauen. Zum einen ständen einige noch unter Schock. Zum anderen hätten sie keine Papiere mehr - ein Auto sowieso nicht.

Scharfe Kritik üben die Osteuropäer in der Notunterkunft an der Jülicher Straße auch an der Stadt Kleve. Von ihr hätten sie in der Nacht nur Wasser, aber nichts Essbares bekommen, berichtet der 32-jährige Jussef. Zudem sei die Heizung in der Notunterkunft in der ersten Nacht nicht eingeschaltet gewesen. Noch nie in seinem Leben habe er derart frieren müssen. Zwar hätten alle Einkaufsgutscheine - fünf Euro pro Person - bekommen, doch ein Supermarkt in der Unterstadt habe diese nicht angenommen. Derzeit kümmere sich niemand um die Brandopfer. "Es kommt keiner, der fragt, ob wir etwas brauchen", sagt der 32-Jährige.

Die niederländische Zeitarbeitsfirma, die die Osteuropäer beschäftigt, wollte nach Aussage eines Sprechers der Stadt Kleve zu den Geschehnissen nicht öffentlich Stellung nehmen. Das Unternehmen habe gegenüber der Stadt jedoch zugesichert, die Brandopfer noch am gestrigen Tag sowohl mit Kleidung, Nahrung als auch mit einer neuen Unterkunft zu versorgen. Wenn dies nicht geschehe, so sei die Stadt Kleve "verpflichtet", diese Aufgaben zu übernehmen. Zudem versicherte der Sprecher der Stadt Kleve, dass alle Geschäftsleute von der Stadt ausgegebene Einkaufsgutscheine annehmen müssten.

In der Brandnacht hat das Ordnungsamt laut Stadtsprecher die Osteuropäer nicht nur in der Notunterkunft untergebracht, sondern ihnen dort Feldbetten aufgebaut und Bettwäsche zur Verfügung gestellt. Deutsches Rotes Kreuz und Malteser Hilfsdienst versorgten nach eigenen Angaben die Brandopfer mit Seife, Handtüchern und Getränken.

Im Laufe des gestrigen Nachmittags nahm die Stadt Kleve nochmals mit dem Arbeitgeber der Osteuropäer Kontakt auf. Ein Sprecher der Stadt versicherte: "Er wird sechs in der Notunterkunft verbliebene Personen noch heute abholen und sie versorgen." Wo die Brandopfer dann untergebracht werden und wie sie dort versorgt werden, darüber konnte der Sprecher der Stadt Kleve keinerlei Angaben machen.

(RP)
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