Kleve "Stabat mater" begeisterte in der Klever Stiftskirche

Kleve · Vor 70 Jahren wurden die Städte Nimwegen, Emmerich und Kleve von Bombenangriffen schwer getroffen und zerstört. Mit einer bewegenden Aufführung von Dvoráks "Stabat mater" gedachten drei vereinigte Chöre der Städte daran: die Chorgemeinschaft St. Adelgundis/St. Martini Emmerich, der Bachkoor Nimwegen und die Städtische Singgemeinde Kleve unter der Leitung von Rob Vermeulen/Stefan Burs mit dem Orchester Váci Szimfonikus Zenekar.

Bürgermeister Theo Brauer spannte in einem Grußwort den Bogen vom historischen Abriss zu dem elementaren Leid, das 1944 erlebt wurde und was das "Stabat mater" von Dvorák - über die trauernde Maria am Kreuz ihres Sohnes - so packend ausdrückt.

Burs leitete das Konzert stilsicher in der voll besuchten Stiftskirche Kleve und zeigte sich dem groß dimensionierten - 200 Choristen und 45 Orchestermusiker - emotionsgeladenen Werk absolut gewachsen. Der zusammengeführte Großchor intonierte sauber, das Orchester reagierte flexibel und erzeugte einen ausgewogenen, raumfüllenden Gesamtklang. Das Solistenquartett aus Hanneke de Wit (Sopran), Margareth Beunders (Alt), Andreas Post (Tenor) und Jens Hamann (Bass) war sehr gut gewählt, um tiefes, reifes Empfinden zu vermitteln. De Wit mit innig schwebenden Soprantönen, Beunders mit dunkler und eindringlicher Fülle, Post mit dynamischer Spannbreite und Hamann mit kraftvollem Bass verbanden sich mit dem Chor. Der Schmerzensausdruck des "Stabat mater"-Gedichts stand auf einem Fundament von hoffender Frömmigkeit, Dvoráks optimistische Tonart D-Dur bildete den leuchtenden Grund für die Leidensgebärden. Nicht Exegese des einzelnen Wortes, sondern Bilder von umfassender Kraft dominierten die Musik.

Burs entwickelte seine Interpretation aus der Ruhe heraus, aus gutem Grund, beginnen doch vier der zehn Teile piano, vier pianissimo und neun klingen im dreifachen Piano aus. So gewannen die großen Crescendo-Aufschwünge des Werks bis zum dreifachen Fortissimo enorme Wucht und die Verheißung des Paradieses im Finale strahlenden Glanz. Zu Beginn erklang das in Oktaven aufsteigende Unisono-Fis, das Marias standhaftes Ausharren unter dem Kreuz versinnbildlicht, und die in verminderten Intervallen sinkende Klangfigur ihres Schmerzes.

Dann die eindrücklichen Eingangsworte, die der Chor in tiefster Trauer des Gebets deklamierte. Dezente, aber bestimmte Akzente auf den Schlüsselwörtern "dolorosa" und "lacrimosa" steigerten die Intensität bis zum ersten, bis auf die Knochen gehenden Aufbäumen der Musik. Dann der Einsatz der Frauenstimmen, ein Lichtstrahl im schattigen Dunkel der Bedrücktheit. Doch wo Menschen sterben, ist trotz trostreicher Klänge das Paradies nicht von dieser Welt: am Schluss führte alles zu einem Diminuendo, ganz langsam verblassten die Klänge im "Amen".

Die beeindruckend großartige und dem Anlass angemessene Umsetzung des komponierten ungetrübten Glaubens und die durchklingende Hoffnung auf ein Leben nach dem Tod sorgten für einen wahren musikalischen Höhepunkt.

(RP)
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