Stadt Kempen Volkshochschule will Jüngere gewinnen

Stadt Kempen · Erich Schützendorf hat die Leitung der Weiterbildungseinrichtung des Kreises Viersen übernommen. Sein Ziel: In anderthalb Jahren die Einrichtung fit für die Zukunft machen. Das neue VHS-Programm liegt jetzt vor.

Mit einigen Neuerungen sind die Programmhefte für das zweite Semester der Kreisvolkshochschule erschienen. Auf der ersten Seite etwa prangt ein QR-Code — ein schwarz-weiß gemustertes Kästchen, über das Smartphone-Nutzer weitere Informationen abrufen können. Diese QR-Codes sind zu allen Fachbereichen im Heft verteilt. Im App-Store kann man zudem eine App kostenfrei herunterladen, die den Zugriff auf das komplette Verzeichnis und die einzelnen Fachbereiche ermöglicht.

Die QR-Codes und die App sind nur ein erster Schritt auf dem Weg der Bildungseinrichtung, mehr jüngere Hörer zu gewinnen. Denn die meisten Menschen, die Kurse und Vorträge der VHS besuchen, sind schon älter. Das sei ja auch gut, sagt Erich Schützendorf, der zum 1. September die Leitung der Volkshochschule in der Nachfolge von Hans-Jürgen Horst übernimmt. "Wir sind gemeinsam älter geworden, Horst, die Hörer und ich." Mit Klaus-Peter Hufer und Marie-Luise Bürschgens-Goldbach gehen bis Anfang 2015 zwei weitere Dozenten in den Ruhestand.

Schützendorf ist Experte für Fragen des Älterwerdens, doch den Blick auf die Jugend hat er nicht verloren. "Das Gebäude braucht einen neuen Anstrich", sagt Schützendorf. Und damit meint er nicht nur die in die Jahre gekommene Fassade des VHS-Zentrums am Willy-Brandt-Ring in Viersen, sondern auch die Auswahl der Kurse, die Gestaltung des Programmhefts, den Internet-Auftritt. "Das, was wir machen, muss auch attraktiv sein", sagt Schützendorf. "Vor allem fehlen uns die jungen Leute, die kommen nicht."

Rund 15 000 Besucher zählt die Kreisvolkshochschule pro Semester. Nur fünf Prozent derjenigen, die Kurse oder Seminare besuchen, sind unter 25 Jahre alt. 40 Prozent der Hörer sind über 50. Schützendorf: "Wir überlegen, was wir tun können, damit wir nicht eine ganze Generation verlieren." Gleichwohl bilde diese Besucherstruktur auch die gesellschaftliche Entwicklung ab: Die Menschen werden immer älter, bleiben aber auch länger fitter — und wollen lernen. Besonders begehrt sind nach wie vor Gesundheitskurse, zum Beispiel Yoga, Tai Chi oder Wirbelsäulengymnastik. Ebenso begehrt sind Sprachen, die der eine für den Beruf, der andere für den Urlaub lernt — oder nur dazu, die "kleinen grauen Zellen" beweglich zu halten.

Die meisten VHS-Hörer sind weiblich, auch das sei typisch, sagt Schützendorf, der sich an die Siebziger Jahre erinnert: "Damals haben sich Frauen bei uns angemeldet, und ihre Männer haben sie wieder abgemeldet." Mit der Teilnahme an VHS-Kursen gingen die Frauen ihren eigenen Weg, bildeten sich weiter. Mit der VHS hätten sich die Frauen auch ein Stück weit emanzipiert, sagt Schützendorf. Und weil Frauen oftmals an vielen Dingen interessierter seien, sich gern bewegten, kämen eben auch weiterhin mehr Frauen zu den Kursen. "Rund 75 Prozent der Besucher sind weiblich. Man kann sagen: Die VHS ist eine weibliche Einrichtung", stellt Schützendorf schmunzelnd fest. Und es sei keineswegs so, dass die Frauen nur Yoga- oder Kochkurse belegten. "Auch in den Seminaren der beruflichen Bildung und beim Nachholen der Schulabschlüsse sind deutlich mehr Frauen als Männer", sagt der VHS-Direktor.

Mit einem abwechslungsreichen Programm will die VHS nicht nur zur beruflichen Bildung beitragen, sondern auch zur persönlichen. Auch die politische Bildung sei dabei sehr wichtig, betont Schützendorf. "Wir wollen, dass die Bürger den Wandel, der überall zu spüren ist, verstehen und mitgestalten können." Das ginge bis hin zur Entwicklung neuer Wohnformen, die in Projekten schon aus VHS-Kreisen entstanden seien. Nicht zuletzt soll Bildung und der Blick über den eigenen Tellerrand auch Spaß machen. Schützendorfs Favorit im aktuellen Semester-Programm ist eine Lesung mit Schwester Jordana, die in der Viersener Stadtbibliothek am 7. November aus ihrem Buch "Auf einen Tee in der Wüste" liest und von ihrer abenteuerlichen Reise nach Jerusalem berichtet.

(RP)
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