Musikwochen der Kaarster Kirchen Jesus als Revolutionär, Botschafter und Tröster

Holzbüttgen · Die Musikwochen der Kirchen haben in diesem Jahr wieder Einiges zu bieten. Es gibt allerdings nur zwei statt drei Veranstaltungen.

 Wolfgang Weber, Susa Weber und Verena Kleist vor der Orgel der Lukaskirche, wo der erste Abend der Kirchenmusikwochen stattfindet.

Wolfgang Weber, Susa Weber und Verena Kleist vor der Orgel der Lukaskirche, wo der erste Abend der Kirchenmusikwochen stattfindet.

Foto: Woitschuetzke,Andreas (woi)

Ob Liebe oder Skepsis, Ablehnung oder Verehrung, Identifikation oder Zweifel – jeder hat sie: eine Haltung zu Jesus. Deshalb stehen die unterschiedlichsten Perspektiven zu Jesus im Mittelpunkt der diesjährigen Musikwochen in Kaarster Kirchen. „Es wird aber kein frömmelnder, sondern ein spirituell-politisch-theologischer Abend sein“, erklärt Kantor Wolfgang Weber, der für die musikalische Gesamtleitung verantwortlich ist. „Wir wollen uns Jesus auf vielfältige Weise nähern: nachdenklich, fragend, emotional, intellektuell, kritisch und freudig.“ Unter der Fragestellung „J Wer?“ hat Dramaturgin Verena Kleist für den 18. November in der Lukaskirche „einen Spaziergang durch die Literatur“ vorbereitet. „Er beginnt nach der Zeit der Aufklärung“, erklärt sie. Ihre Literaturrecherche hat sie bewusst auf diese Zeitspanne bis zur Gegenwart konzentriert: Denn ab Ende des 18. Jahrhunderts habe die Deutungshoheit der Kirche aufgehört und die Jesus-Entwürfe seien vielgestaltiger geworden, sagt sie.

„Entstanden ist eine Collage, die Jesus als historische Gestalt, Revolutionär, philosophischen Botschafter, Tröster und Projektionsfläche zeigt“, so Kleist. Vorgetragen werden unterschiedlichste Lyrik- und Prosa-Texte von Rainer Maria Rilke über Ernest Hemingway bis hin zu Dietrich Bonhoeffer von Schauspielerin Susa Weber. Sie schlüpft dafür in die verschiedensten Rollen. Darunter auch in die des Satans, der in Michail Bulgakows „Der Meister und Margarita“ die Existenz von Jesus beweisen will, da seine eigene Daseinsberechtigung davon abhängt. Der literarische Spaziergang wechselt sich ab mit musikalischen Darbietungen. Darunter die Altistin Angela Froemer, Hanna Hann am Synthesizer sowie der Chor Cappella Vocale Kaarst. Besonderes Highlight: „Es gibt eine Erstaufführung an diesem Abend“, so Weber. Der Freundeskreis für Kirchenmusik der evangelischen Kirchen in Kaarst habe eine Auftragskomposition an Sascha Thiele ermöglicht, erklärt der Kantor. Thiele, der an der Folkwang-Hochschule Komposition studiert hat, setzt die Bibelstelle Matthäus 6, 9-13, musikalisch um. Für all jene, die nicht so bibelfest sind: Das „Vaterunser“ steht im Mittelpunkt dieses Musikstücks, das modern vertont wurde für Chor und Synthesizer.

Eine Mixtur aus Pop, Klassik, Jazz und Gospel wird am zweiten Abend im Rahmen der Kaarster Musikwochen am 1. Dezember in der Kaarster Auferstehungskirche aufgeführt. Kompositionen von Andrew Lloyd Webber, eine Soulversion des Halleluja aus dem Messias von Händel stehen ebenso auf dem Programm wie Michael Jacksons „We are the world“ oder „Ich glaube“ von Udo Jürgens. Mit dabei sind der Chorus of Joy, Sängerin Tamara Jäger sowie Paul Köninger. Der 21-Jährige, der Jazzgesang in Köln studiert, ist bereits vielen Kaarstern bekannt, hatte er doch 2017 den Luther im gleichnamigen Pop-Oratorium gesungen.

Bei den Musikwochen wird es in diesem Jahr nur zwei und keine – wie sonst üblich – drei Veranstaltungen geben. Der Grund ist einfach: Wolfgang Weber war länger erkrankt. „Daher konnten wir für den Messias von Georg Friedrich Händel nicht proben“, sagt er. Das Oratorium für Soli, Chor und Orchester sei zu komplex, als dass es in kurzer Zeit einstudiert werden könne. Es wird nicht ausfallen, nur verschoben. Weber, der mittlerweile wieder fit ist, hat diese Aufführung für 31. März 2019 geplant.

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