Grevenbroich Stadt vor dem Ausverkauf

Grevenbroich · Im Haushalt klafft ein Loch von 27 Millionen Euro. Die Politiker sind sich einig: Ohne Hilfe lässt sich das nicht stopfen.Ein Wirtschaftsprüfer soll ihnen unter die Arme greifen. Bedeutet das den Verkauf lieb gewonnener Immobilien?

Die Haushaltslage ist dramatisch: "Ein Defizit von 27 Millionen — und es gibt kaum Einsparmöglichkeiten", fasst Bürgermeisterin Ursula Kwasny die ganztägige Beratung des Finanzausschusses zusammen. Zwischen 9 und 21.15 Uhr konnten die Politiker den Etat lediglich um 170 000 Euro erleichtern. So gut wie gar nichts.

Jetzt sollen externe Berater helfen. Hinter geschlossenen Türen haben sich vier Wirtschaftsprüfer dem Gremium vorgestellt — einer von ihnen wird die Stadtverwaltung künftig beraten. "Er soll uns Wege aufzeigen, wie wir von den riesigen Schulden wieder weg kommen können", erklärt Holger Holzgräber (SPD). Wer diesen Job übernimmt, steht noch nicht fest. Darüber wird der Rat im März entscheiden. Kosten: mindestens 100 000 Euro.

Schon jetzt ist klar: Der Externe wird "heilige Kühe" anpacken, die Rat und Verwaltung bisher links liegen ließen — die Immobilien. Rund 200 Objekte hat die Stadt in ihrem Besitz, von der Eigentumswohnung bis zur Veranstaltungshalle. "Von einigen Gebäuden, die nicht für städtische Aufgaben gebraucht werden, müssen wir uns wohl trennen werden", meint Norbert Gand (CDU). Welche gemeint sein können, darüber wollen die Politiker nur ungerne reden. Denn an den größten Brocken — wie Erfthalle, Haus Neurath, Versandhalle oder Alte Feuerwache — hängen Emotionen und Vereine dran.

"Das ist das Problem", betont Hildegard Florack (UWG): "In internen Diskussionen ist sich die Politik einig, dass wir uns von solchen Objekten trennen müssen. Wird das öffentlich, verteidigen die Ortsfürsten ihr Terrain. Das haben wir bei der Erfthalle und dem Haus Neurath schon oft erfahren. Aber das bringt uns nicht weiter." Florack ist überzeugt: "Mit einer externen Beratung kommen wir eher zum Ziel."

Über welche Werte die Politiker reden, wissen sie übrigens selbst nicht: "Verkaufs- und Buchungswert der einzelnen Objekte sind ebenso unbekannt wie die Unterhaltungskosten. Diese Datenübersicht fehlt ganz einfach, das muss jetzt nachgeholt werden", sagt Ursula Kwasny.

Eine Zahl ist der Bürgermeisterin allerdings geläufig: Der Sanierungsstau in der Erfthalle hat inzwischen die 900 000-Euro-Marke erreicht. "Das kann die Stadt nicht mehr stemmen", erklärt sie. Trennen möchte sich Kwasny von dem aus den 70er Jahre stammenden Bau jedoch nicht: "Sie ist schließlich ein beliebtes Ziel der Schützen und anderer Vereine." Die Verwaltungschefin hat daher Kontakt mit RWE Power aufgenommen. Ihre Forderung: Der Energieriese soll Imagepflege betreiben, die Halle und die nebenan liegende Sportanlage mitsamt dem Vereinsheim wieder auf Vordermann bringen. "Das würde den gesamten unteren Bereich Frimmersdorfs aufwerten", meint Kwasny. RWE hat ihr bisher noch nicht geantwortet.

(NGZ)
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