Grevenbroich Medizin nach altem Rezept

Grevenbroich · Adventskalender (11): Apotheker Hans-Dieter Zweckerl dreht keine Pillen mehr auf dem Holzbrett, doch in seiner Apotheke hat einige er Schätzchen retten können wie Analysewaage, Pillendreh-Maschine oder Apothekerschrank.

 Nutzt nicht mehr die Pillendrehmaschine, schätzt aber Apothekenausstattung aus vergangenen Zeiten: Apotheker Hans-Dieter Zweckerl.

Nutzt nicht mehr die Pillendrehmaschine, schätzt aber Apothekenausstattung aus vergangenen Zeiten: Apotheker Hans-Dieter Zweckerl.

Foto: M. Reuter

Sie ist die älteste Apotheke im gesamten Grevenbroicher Stadtgebiet: Die Hirsch-Apotheke an der Lindenstraße. "Im Jahr 2013 wird Jubiläum gefeiert. Die Apotheke besteht dann seit 150 Jahren", kündigt Apotheker Hans-Dieter Zweckerl an.

Die Vorderfront des Gebäudes steht unter Denkmalschutz – ebenso der Innenhof mit den historischen Säulen. Und auch im Inneren des Gebäudes findet der Betrachter so einige Schätzchen aus längst vergangenen Zeiten.

Eine Brettseite für Gift

So zum Beispiel die Pillendreh-Maschine. Der Apotheker holt ein solides Holzbrett hervor. Mit einem gerieften Eisen werden längliche Einzelstücke aus der Pillenpaste gezogen. Das Brett hat zwei Seiten: "venena" steht auf der einen – was so viel wie Gifte bedeutet. Nur giftige Stoffe wurden mit dieser Seite bearbeitet. Der Grund: Es sollte vermieden werden, dass Reste giftiger Substanzen in die anderen Arzneien mit eingearbeitet werden. Die ganze Pillenmasse wird schließlich mit einem flachen Holzinstrument in kreisenden Bewegungen bearbeitet – das sogenannte Pillendrehen. "In der Praxis wird das Instrument schon seit Jahrzehnten nicht mehr eingesetzt", berichtet Zweckerl. Es ist nämlich für den Apotheker deutlich billiger, die fertigen Medikamente zu kaufen anstatt mühsam selbst zu produzieren.

Als Hans-Dieter Zweckerl die Hirsch-Apotheke 1988 übernahm, war ein großer Teil der historischen Apparaturen bereits weg. Die Apotheke war nämlich in den 1970er-Jahren eine Weile geschlossen, und in dieser Zeit verschwanden einige der alten Instrumente.

Auch bei den umfangreichen Renovierungen der Räume in den vergangenen Jahren landete so einiges auf dem Sperrmüll. So auch die alten Apothekerschränke. "Meine Schwester hat einen davon gerettet und restauriert", berichtet Zweckerl. Auch der alte Tresor, der sich wie in einem Western noch mit einer Zahlenkombination und mit einem Drehrad öffnen ließ, musste mittlerweile ausgemustert werden. Irgendwann ließ er sich nämlich überhaupt nicht mehr öffnen, und der Zylinder musste aufgebohrt werden.

Es gibt aber auch einige Gegenstände, die aus der Vergangenheit herübergerettet werden konnten. Der 52-Jährige zeigt eine alte Analysenwaage. Dort ist noch eine Plakette drauf: 2008. "Bis dahin ist die Waage noch in Gebrauch gewesen", weiß der Apotheker, der in Regensburg geboren wurde. Mit so einer Analysenwaage werden zum Beispiel Substanzen wie Cortison oder Codein abgewogen. In der Hirsch-Apotheke werden nämlich noch viele Medikamente selbst zusammengemixt – wie in alten Zeiten. "Manche Apotheker schicken Kunden zu uns, weil sie wissen, dass wir noch viel selbst herstellen", meint Hans-Dieter Zweckerl.

(NGZ)
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