Grevenbroich Die Erft wird natürlich

Grevenbroich · Der Erftverband will bis 2045 die Erft renaturieren. Erfahrungen sammelt er an der Pilotstrecke an der Frimmersdorfer Höhe. Dort wurde der Fluss bereits "entfesselt" – ein Langzeit-Experiment.

 Der Erftverband sammelt Erfahrungen mit dem ersten Renaturierungsschritt.

Der Erftverband sammelt Erfahrungen mit dem ersten Renaturierungsschritt.

Foto: Erftverband/archiv/Y. lagies

Der Erftverband will bis 2045 die Erft renaturieren. Erfahrungen sammelt er an der Pilotstrecke an der Frimmersdorfer Höhe. Dort wurde der Fluss bereits "entfesselt" — ein Langzeit-Experiment.

Fischen dürfte es in weiten Teilen der Erft recht langweilig sein, an vielen Stellen strömt der Fluss schnurgerade durch sein künstliches Bett. Das soll anders werden. Bis 2045 will der Erftverband das Gewässer von Bergheim bis Neuss renaturieren, Tieren und Pflanzen einen vielseitigen Lebensraum mit Steilufern und Flachwasserzonen bieten. Davon sollen Eisvogel, Silberreiher, viele Fische und andere Arten profitieren. Nötig ist die Umgestaltung, da RWE Power in Zukunft weniger Sümpfungswässer einleitet. Um 2040 wird nur noch ein Viertel der heutigen Wassermenge durch die Erft fließen.

70 Millionen Euro kostet das Mega-Umbauprogramm, für das im Stadtgebiet ein erster Schritt getan ist: Entlang der Frimmersdorfer Höhe hat der Verband vor einem Jahr den Fluss auf 300 Metern Länge "entfesselt". Ein Bagger hatte etliche Steine aus der Böschung in die Erft gezogen, ein Ufer ist nun den Kräften des Flusses überlassen.

Was hat sich seitdem verändert? "Es gibt erste Spuren dafür, dass der Fluss am Ufer nagt. Aber man muss einen langen Atem haben", sagt Abteilungsleiter Ulrich Kern vom Erftverband in Bergheim. "Auf dieser Pilotstrecke sammeln wir Erfahrungen." Gewässerbiologe Udo Rose dokumentiert regelmäßig die Entwicklung. "Und mit einem Gyrocopter haben wir Luftbilder gemacht", schildert Kern. Eine Erkenntnis: "Der Prozess schreitet langsamer voran als wir zunächst erwarteten. Wir dachten, dass Teile der Böschung abrutschen, wenn erst ein paar Hochwasser darüber gegangen sind." Das sei bislang ausgeblieben. "Das zeigt, dass wir bei der Umgestaltung etwas mutiger vorgehen können", sagt Kern. 2011 will der Verband, wenn die Genehmigung vorliegt, mit Totholz — Baumstämmen — im Wasser die Strömung Richtung Ufer lenken. Im Laufe der Jahre sollen sich Steilufer und Kiesbänke bilden, soll der Fluss flacher und breiter werden.

Der Verband plant die nächsten Schritte: "In den kommenden zwei, drei Jahren wollen wir bei Frimmersdorf auf weiteren rund 1800 Metern die Uferbefestigung entfernen — und auf der anderen Seite die Baggerkreuzung zurückbauen." Dabei handelt es sich um die Furt, auf der früher riesige Braunkohlebagger von einem Tagebau in den anderen wechselten. Auch in der City wird die Erft ein neues Gesicht erhalten — "aber nicht vor 2035", so Kern. Die Grevenbroicher haben Zeit, sich an einen deutlich spärlicher fließenden Fluss zu gewöhnen. Vermutlich wird laut Kern, nur noch die Mühlenerft ständig Wasser führen, die Fluterft — außer bei Hochwasser — trocken bleiben.

(NGZ)
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