Kriegsrelikt in Grevenbroich Arbeiter meißeln Betonbunker weg

Grevenbroich · Das Kriegsrelikt mit 1,80 Meter dicker Decke an der Merkatorstraße wird abgerissen.

 Ein zäher Klotz: Der Bagger „knabbert“ Betonbrocken für Betonbrocken ab. Der Bunker weicht dem neuen Merkatorcarée.

Ein zäher Klotz: Der Bagger „knabbert“ Betonbrocken für Betonbrocken ab. Der Bunker weicht dem neuen Merkatorcarée.

Foto: Kandzorra, Christian

Laut ist es derzeit an der Merkatorstraße, einen Steinwurf vom Grevenbroicher Bahnhof entfernt: An der Ecke zur Rheydter Straße schaffen Bauarbeiter derzeit Platz für das neue Merkatorcarée mit 57 Wohnungen. Im Weg steht allerdings ein dicker Betonklotz, ein Luftschutzbunker aus Zeiten des Zweiten Weltkriegs. Das Relikt gibt sich zäh: Der Bagger muss sich durch bis zu 1,80 Meter dicken Stahlbeton kämpfen. Der Abriss erregt auch wegen der lauten Geräusche großes Aufsehen. Bis Mittwochnachmittag war erst etwas mehr als die Hälfte des Bunkers abgebrochen, am heutigen Donnerstag gehen die Arbeiten auf der Baustelle weiter.

Stefan Rosellen aus Grevenbroich ist einer der Menschen, die erforscht haben, was es mit dem massiven Bauwerk auf sich hat: „Der Bunker stammt aus dem Jahr 1940 und war damit einer der ersten, die in Grevenbroich gebaut wurden.“ Der etwa 15 Quadratmeter große Schutzraum sei für Soldaten vorgesehen gewesen, die eine Flakstellung – eine Flugabwehrkanone – auf dem Silo der Nährmittelfabrik Quäker bedient haben sollen. „Das habe ich auch aus Gesprächen mit dem letzten Eigentümer erfahren“, sagt Stefan Rosellen, der sich seit zehn Jahren mit Luftschutzräumen im Rhein-Kreis Neuss beschäftigt und Vize-Vorsitzender in einem gerade erst gegründeten Verein ist, der sich mit den Bauwerken beschäftigt. Platz geboten hätte er bei einem Bombenangriff maximal zwölf Menschen, bei mehr wäre die Luft zu knapp geworden.

In akribischer Kleinarbeit hat Rosellen Infos über den Bunker an der Merkatorstraße auch aus Archiven zusammengetragen. „Ich möchte wissen, warum diese Bauwerke existieren und wer sie gebaut hat.“ Er geht bei der Recherche in die Tiefe, spricht mit Zeitzeugen und versucht – sofern möglich – auch die Innenansichten der Bunker zu dokumentieren. An der Merkatorstraße war allerdings nicht mehr viel zu sehen – abgesehen von einer Kleidergarderobe an der Wand, Stromleitungen, Guckschlitzen und einigem Unrat. „Interessant war an diesem Bunker der Turm“, berichtet Rosellen. Es habe sich um einen Aussichtsturm gehandelt, von dem aus Soldaten das Geschehen draußen verfolgen konnten. „Ich vermute, dass der Bunker eine Art Einsatzzentrale war.“ Fabriken hätten sich im Zweiten Weltkrieg meist selbst mit Flakgeschützen verteidigt, einen Zusammenhang mit dem nahegelegenen Bahnhof schließt der Grevenbroicher jedoch nicht aus. Es soll auch einen Durchgang zu dem Gebäude gegeben haben, in dem sich heute die Existenzhilfe befindet. „Der Keller dort war mal ein Luftschutzkeller, wohl für die Zivilbevölkerung.“

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