Übersetzerin aus Spanien Einer vergessenen Autorin auf der Spur

Straelen · Die Übersetzerin Olga García traf auf Schriftsteller Peter Handke. Dabei spielte Fußball eine nicht unwesentliche Rolle. Aktuell übersetzt sie in Straelen ein Buch von Maria Leitner, der Autorin von „Hotel Amerika“.

 „Vollkommen europäisch“ fühlt sich Übersetzerin Olga García aus Spanien. Und wohl fühlt sie sich im Europäischen Übersetzer-Kollegium.

„Vollkommen europäisch“ fühlt sich Übersetzerin Olga García aus Spanien. Und wohl fühlt sie sich im Europäischen Übersetzer-Kollegium.

Foto: Thomas Binn (binn)

Es ist so etwas wie ein Ritterschlag, wenn ein sehr berühmter Autor, vielfacher Preisträger, die eigene Heimatstadt literarisch erwähnt. So geht es Olga García. In Peter Handkes Buch „Versuch über die Jukebox“ taucht die spanische Stadt Soria auf, der Geburtsort von Olga García. Handke beschreibt die hohe Lage, den Verlauf des Duero, den Gesang der Nachtigallen. Aber nicht nur das verbindet die beiden, sondern auch die Liebe zur Sprache. García ist Professorin für deutschsprachige Literatur in Spanien, in Cáceres.

Aktuell ist sie aber in Straelen, weil sie in ihrer Freizeit auch noch Übersetzerin ist. Sie übersetzt vom Deutschen ins Spanische. „Ich habe das Glück, ich kombiniere Beruf und Freizeit“, sagt sie. Drei Monate ist sie als „Translator in Residence“ im Europäischen Übersetzerkollegium (EÜK) in Straelen und kann sich mit Begeisterung in Texte stürzen. Ihr Hauptprojekt ist die Übersetzung des Buches „Eine Frau reist durch die Welt“ von Maria Leitner. „Eine vollkommen vergessene Autorin und Journalistin“, sagt die Übersetzerin, die fasziniert ist von der Lebensgeschichte dieser Frau. Sie lebte im Berlin der 1920er Jahre, wurde Journalistin und hat Reportagen in Amerika gemacht. „Größtenteils sozial-kritisch“, sagt García.

Bekannt wurde ihr Roman „Hotel Amerika“. Maria Leitner beschreibt in Froschperspektive, wie ein Hotel in New York funktioniert, also das Luxushotel aus der Perspektive der Arbeiter gesehen, die im Keller untergebracht sind. In der Zeit des Nationalsozialismus wurde das Buch „Hotel Amerika“ verboten und verbrannt. Vielleicht ist die neue Übersetzung von „Eine Frau reist durch die Welt“ ins Spanische eine Gelegenheit, den Vorhang des Vergessens zur Seite zu schieben.

Groß sei allerdings das Interesse an deutscher Literatur in Spanien nicht, sagt die Übersetzerin seufzend mit Blick auf die Zahl der Studierenden. „Ich bin sicher, die Leute lesen viel, viel weniger als früher“, nennt sie einen Grund. Und auch das Verhalten derjenigen, die lesen, hat sich verändert. Wenn sie als Professorin ein Buch empfehle und es gibt drei Exemplare in der Bibliothek, dann schauen sich doch die meisten im Internet den Text als pdf-Datei an. „Die wollen alles nur am Bildschirm. Das finde ich Wahnsinn.“ Sie dagegen greift noch sehr gerne zu Büchern aus Papier. Und das nicht nur für die Arbeit. „Privat lese ich ständig und fast nur deutschsprachige Literatur.“ Das geht so weit, dass sie besser darüber informiert ist, was auf dem deutschen Buchmarkt los ist als auf dem spanischen. Fasziniert hat sie zum Beispiel zuletzt „Die Hauptstadt“ von Robert Menasse, der dafür übrigens den Deutschen Buchpreis bekommen hat. „Es ist der erste EU-Roman, alles spielt in Brüssel. Es ist zum Teil sehr lustig und zum Teil innovativ“, sagt García. Außerdem sei der Roman ziemlich aktuell: „Was wird mit uns in Europa?“

Die Übersetzerin fühlt sich „vollkommen europäisch“, vielleicht auch, weil sie so viel zwischen den Ländern hin und her pendelt. Das vom Soziologen Ulrich Beck geprägte Wort „Ortspolygamie“ treffe es ganz gut, sagt die Übersetzerin. Deutschland sei in ihrem Leben immer präsent gewesen, sagt die Spanierin. Ihr Onkel und ihre Tante waren in der Presseabteilung der Spanischen Botschaft in Bonn. Von ihnen hat sie einmal ein Kinderbuch auf Deutsch bekommen. Das ist einfach verschwunden, nicht aber die Erinnerungen an die deutsche Sprache. Studiert hat sie dann Germanistik und Übersetzungswissenschaften an der Universität Madrid. Ihr Professor brachte ihr nicht nur die österreichische Literatur nahe, sondern erzählte auch vom Europäischen Übersetzerkollegium in Straelen. „Du musst da hingehen“, gab er ihr als Empfehlung mit auf den Weg.

Im Sommer 1991 war es dann das erste Mal soweit. Und auch Peter Handke traf sie dann persönlich. Das war im vergangenen Jahr, als ihm die Ehrendoktorwürde in Madrid verliehen wurde. Als er hörte, dass sie aus Soria stammt, erkundigte er sich nach der dortigen Fußballmannschaft. Er hatte sich in seiner Zeit in der spanischen Provinz einige Spiele dort angeschaut. Vielleicht nicht sehr verwunderlich, Handke schrieb unter anderem auch „Die Angst des Tormanns beim Elfmeter“. „Das Gespräch war ganz niedlich“, sagt die Übersetzerin, deren Heimat bei Handke einen literarischen Niederschlag fand.

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