Geldern Briefmarkenhändler hat ausgestempelt

Geldern · 20 Jahre führte der Gelderner Claudio Arnhold ein Briefmarkengeschäft in Kleve. Jetzt hat er seinen Laden an der Herzogstraße geschlossen. Grund sind zu wenig Kunden, keine Perspektive und immer weiter fallende Preise.

 Um einen Traum ärmer: Claudio Arnhold musste sein Briefmarkenladen an der Herzogstraße schließen. Nur das Schild erinnert noch an das Fachgeschäft.

Um einen Traum ärmer: Claudio Arnhold musste sein Briefmarkenladen an der Herzogstraße schließen. Nur das Schild erinnert noch an das Fachgeschäft.

Foto: Evers, Gottfried (eve)

Die Regale sind leer geräumt. In den Fenstern liegen noch vereinzelte Steckkarten mit Briefmarken. In einer Box auf dem Tisch steht das letzte Angebot. Hier werden DDR-Marken mit Persönlichkeiten aus der Politik angeboten: Karl Marx und Friedrich Engels, einst stolze Werte in einem Dauermarkensatz, werden jetzt verramscht.

Claudio Arnhold (48) hatte vor 20 Jahren im Spoy-Center seinen Laden eröffnet. Der aus Geldern stammende und dort lebende Fotogravurzeichner hatte fünf Jahre in seinem erlernten Job gearbeitet, bevor er sich selbstständig machte. Sein Grund für die Ladeneröffnung: "Ich habe immer gern gesammelt." Zudem trug ein großer Nachlass seines Onkels zu dem Entschluss bei. Es sei nicht besonders schwierig gewesen, das Ladenlokal im Spoy-Center zu bekommen, so Arnhold. 2000 zog er um auf die Herzogstraße neben das Antiquariat von Helmut van Bebber. "Bereits beim Start hatte man mir gesagt, ich hätte einen Knall, auf Briefmarken zu setzen", blickt der 48-Jährige zurück. Doch seien die ersten Jahre wirtschaftlich durchaus passabel gewesen.

Der Hinweis, dass es keinen Nachwuchs mehr gebe, der sich mit Briefmarken beschäftige, sei zwar bereits damals richtig gewesen, so Arnhold, doch ergänzt er: "Es gab damals aber noch ausreichend ältere Herren, die sich mit Marken beschäftigten." Zudem hatte er auch reichlich Kunden aus den Niederlanden, die nach Kleve kamen, um deutsche Marken zu kaufen. "Die haben sich vor allem für das Dritte Reich interessiert. Da ist das Angebot hierzulande zwangsläufig größer", sagt Arnhold.

Jetzt ist für ihn jedoch der Punkt erreicht, an dem er keine Chance mehr sieht, mit dem Handel von Marken irgendwie über die Runden zu kommen. Die älteren Herren mit Pinzette sind weniger geworden, Nachwuchs gibt es keinen. "Der Umsatz war konstant fallend. Extrem wurde es mit der Einführung des Euro 2001. Ich kann von meinem Geschäft nicht mehr leben", sagt der Berufsphilatelist.

Den Rückgang der Sammler kann Werner Driever, Vorsitzender des Klever Briefmarken-Sammlervereins, nur bestätigen. "Der Trend ist eindeutig. Es gibt keinen Nachwuchs. Wir haben 38 Mitglieder im Verein. Der Altersdurchschnitt liegt bei 72 Jahren", sagt Driever, der selbst 76 Jahre alt ist. Aus seiner Sicht gibt es einen Hauptgrund für den Sammler-Schwund. "Die Jugend hat heute viel mehr Freizeitangebote, da kommt kaum einer auf die Idee, Briefmarken zu sammeln", sagt der Vorsitzende.

Erschwerend kam für das Geschäft von Claudio Arnhold hinzu, dass etwa die Marken, die nach 1949 herausgebracht wurden, konstant im Wert fielen. "Das ist mittlerweile Massenware, da die Nachfrage nicht mehr da ist", sagt der Fachmann. Marken, für die er vor fünf Jahre noch Geld bezahlt habe, könne er heute wegschmeißen. Die Preise haben sich in den vergangenen Jahren halbiert. Briefmarken als Wertanlage sind Geschichte. Es gebe zwar einige wenige Exemplare, die im Wert angezogen hätten, etwa Posten aus den Deutschen Kolonien, doch seien dies Ausnahmen, so Fachmann Arnhold. Die wertvollste Sammlung, die ihm in den 20 Jahren in die Hände geriet, hatte einen Wert von 20 000 Euro. "Die habe ich sofort an ein Auktionshaus weitergeleitet", sagt der 48-Jährige. Doch musste der Gelderner die meisten seiner Kunden enttäuschen: "Viele kamen hier mit einem Buch des verstorbenen Opas an und dachten, sie könnten jetzt ordentlich Kasse machen. Denen musste ich schonend beibringen, dass die Sammlung nahezu wertlos war."

Was Claudio Arnhold jetzt nach 20 Jahren zwischen Einsteckalben und Katalogen machen wird, weiß er noch nicht. "Ich finde schon etwas", ist er optimistisch. Fest steht jedenfalls, dass sich an der Situation in Sachen Briefmarken nichts mehr ändern wird. Der Spielplatz der großen Jungs wird leerer. Doch sagt Arnhold trotz des jetzt ernüchternden Endes: "Ich würde es noch mal machen."

(RP)
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