Kreis Kleve Sammeln mit Pinzette und Lupe

Kreis Kleve · Die Leute, mit denen sich die 17-jährige Deborah Hendricks manchmal trifft, sind im Schnitt 55 Jahre älter. Doch sie können der jungen Kevelaererin wichtige Tipps für ihre Hobby geben: sie sammelt Briefmarken.

So viel können Briefmarken wert sein
13 Bilder

So viel können Briefmarken wert sein

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Eins stellt Deborah Hendricks gleich zu Anfang klar: "Ich bin nicht so ein Nerd, der nur in seinem Zimmer hockt!" Denn genau dieses Bild haben viele Leute vor Augen, wenn sie an einen Briefmarkensammler denken. Aber die 17-Jährige macht genau das, was auch alle anderen Jugendlichen in ihrer Freizeit machen. Ausgehen, sich mit Freunden treffen — nur ihr Hobby ist eben doch etwas außergewöhnlicher.

Kleine Bilder, die Geschichten erzählen — so beschreibt Werner Driever Briefmarken. Für den Vorsitzenden des Klever Briefmarkensammler-Vereins sind die begehrten Objekte mehr als nur Wertzeichen, die auf einen Brief geklebt werden. "Ich kenne kein Medium, das interessanter ist als die Briefmarke", sagt er. Deswegen kann er gar nicht verstehen, warum sich so wenig junge Leute dafür begeistern. Am Geld kann es nicht liegen. "Wenn man einfach nur sammelt, kostet es nicht viel", sagt der Experte und amtierende deutsche Meister der Thematischen Philatelie. Das Problem sei wohl eher die Zeit bei den jungen Leuten, vermutet er. "Briefmarken sammeln, das ist ein Vollzeit-Job. Da muss man dran bleiben." Vielleicht liegt deswegen der Altersdurchschnitt in seinem Verein bei 72 Jahren.

Für Deborah ist das Sortieren der Briefmarken ideal für verregnete Tage. "Dann kann ich mich richtig darein vertiefen. Das ist wie im Internet. Ich komme von einer Sache auf die andere, möchte dann zum Beispiel wissen, woher die Briefmarke kommt und welche es noch von der Serie gibt." Dabei geht es nicht um große Werte. Die blaue Mauritius, eine der teuersten Briefmarken der Welt, wird man bei ihr nicht finden. Wie jeder Sammler hat sie sich auf eine bestimmte Kategorie von Briefmarken festgelegt. Sie sammelt die Motive Schmetterling und Pferd. Dafür kommen die Marken aus der ganzen Welt, zum Beispiel aus Kenia oder der Republik Guinea.

Angefangen hat alles vor zehn Jahren. "Ich fand Briefmarken einfach schön", erzählt die 17-Jährige. Wenn sie Langeweile hatte, löste sie die Briefmarken ab, kaufte sich später ein Album und steckte sie da hinein. Der Schock kam beim ersten Zusammentreffen mit den Briefmarkenfreunden Kevelaer. "Die haben erst einmal zu vielen Marken gesagt: Das ist Schrott", erinnert sie sich. Damals wusste sie nicht, das eine Briefmarke mit abgerissener Ecke nichts wert ist. "Mein erstes Album habe ich dann stark ausgemistet und mich nicht entmutigen lassen", sagt sie.

Heute arbeitet sie mit Lupe und Pinzette. Zu den Treffen, jeden zweiten Mittwoch im Monat um 18 Uhr in der Gaststätte Schiffer in Kevelaer, geht sie regelmäßig. Dort erfährt sie von den erfahrenen Sammlern alles, was sie über den richtigen Umgang und das Sortieren von Briefmarken wissen muss. Und kann auch mal was für ihre Sammlung abstauben.

Eine echte Fundgrube ist der Grenzlandtauschtag in Kevelaerer Konzert- und Bühnenhaus. Der findet immer am Ostermontag statt. Bei den Händlern kann sie schauen, ob sie etwas Passendes für ihre Sammlung findet. "Das entscheide ich dann spontan", sagt Deborah. Klar steht in ihrem Bücherschrank auch der Michel. Das ist das Nachschlagewerk für alle Briefmarken- und Münzsammler.

"Bei Briefmarken gibt es nur zwei Möglichkeiten", sagt Werner Driever. "Entweder, man fängt sich den Virus oder man geht vorbei. Jugendliche müssen stark vom Briefmarken-Virus infiziert sein, um dabei zu bleiben." Deborah hat versucht, ihre Freunde für das Sammeln begeistern. Aber auch nur versucht. "Ich habe dann schnell gemerkt, dass das mein Hobby ist. Und das ist auch gut so. Man muss echt Spaß daran haben, sonst bringt das nichts."

(RP)
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