RP-Serie Duisburger Geschichten und Geschichte Von der Holzkohle zur Glut im Grill

Duisburg · Bis ins Jahr 1850 wurden Hochöfen mit Holzkohle gefüttert. Koks verdrängte anschließend den Brennstoff. Das Köhlerhandwerk geriet daraufhin in Vergessenheit.

 Kohlenmeiler und Grillkohle, F. Behsen, Duhamel,1762.

Kohlenmeiler und Grillkohle, F. Behsen, Duhamel,1762.

Foto: Wiki gemeinfrei

In Duisburg ist das Grillen allseits beliebt. Gern auch mit der guten alten Holzkohle. Bereits die Römer nutzten dieses Brennmaterial für das Schmelzen von Metallen. Das verschwelte, aber nicht verbrannte Holz konnte Temperaturen von siebenhundert bis zu zwölfhundert Grad Celsius mit Blasebalg erreichen. Ohne diese hohen Temperaturen wäre es den Menschen nicht möglich gewesen, Metalle wie Bronze, Silber und Gold einzuschmelzen und weiterzuverarbeiten.

Holzkohle war zudem Grundlage für die Herstellung von Schießpulver und jegliche Metallverarbeitung: Vom goldenen Halsschmuck über den Glockenguss bis zu Hieb- und Stichwaffen. Von der Eisenzeit bis ins 15. Jahrhundert wurden Grubenmeiler bevorzugt eingesetzt; sie wurden von Hochmeilern abgelöst, die mit geringerem Holzverbrauch effizienter arbeiteten. Das war auch dringend geboten, denn der Waldbestand war selbst in Gegenden wie im Harz oder Schwarzwald endlich.

Die Optimierung der Holzkohlegewinnung erforderte viel Erfahrung und galt als geheime Kunst. Kein Wunder, dass dem Köhler in Sagen und Märchen eine besondere Beziehung zu Dämonen im düsteren Wald nachgesagt wurde, erklärt der emeritierte Professor Helmut Fischer der Universität Duisburg-Essen. In den Märchen wird der arme Köhler zur Projektionsfläche der eigenen Wünsche nach Reichtum, Status und Sieg über den Teufel. Der Köhler kommt dabei durch Zwerge oder dämonische Wesen zu Reichtum oder freit gar eine Prinzessin.

Die Realität war allerdings eine andere: In dieser Zeit gehörten die meisten Wälder dem Adel, den Klöstern oder wie in Duisburg anteilig den betuchten Walderben, die eine starke Abholzung des Duisburger Waldes vermeiden wollten. Der Stadthaushalt war im 16. Jahrhundert durch enorme Kohleeinkäufe für Heizzwecke stark belastet. Im alten Duisburg benötigten überwiegend Metallhandwerker wegen der höheren Temperaturen Holzkohle für ihr Handwerk. Der Duisburger Stadtwald lieferte Holz als Baumaterial und sicher auch zur Gewinnung von Holzkohle.

Ein Köhler lebte von Walpurgis bis Martini (1. Mai bis 10. November) tief im Wald in einer kargen Holzhütte und kehrte nur gelegentlich in seinen Heimatort zurück. Wenn er nicht zur Sonntagsmesse erschien, gab es gegenüber dem Pfarrer die Standardausrede: „Ich musste die Meiler überwachen.“

Romantisch war die schweißtreibende Köhlerarbeit keineswegs. Es war echte Knochenarbeit und brandgefährlich dazu. Der Köhler schichtete große Mengen an Holz aufeinander und deckte sie mit Erde ab. Die geheime Kunst bestand darin, die Sauerstoffzufuhr so zu fein regeln, dass der Meiler nicht brannte, sondern dem Holz im Schwelprozess nur das Wasser entzogen wurde. Es durften keine Hohlräume entstehen, damit der Meiler kein Feuer fing. Er musste Tag und Nacht bewacht werden. Mit etwas Glück und günstigen Wetterbedingungen konnte die Köhlermannschaft nach sechs bis acht Tagen die Ausbeute, die schwarze, poröse Holzkohle, die bis zu 90 Prozent Kohlenstoff aufwies, zusammentragen. Schmiede, Glaser und andere Gewerke waren Abnehmer.

Die Nachfrage erhielt erst mit der Entstehung der Eisenhütten einen gewaltigen Schub. So musste der erste Hochofen auf der St. Antony-Hütte in Oberhausen im Jahr 1758 mit Holzkohle betrieben werden. Die wachsende Eisenverhüttung an Rhein und Ruhr führte zu einer Verknappung des Brennstoffs und zur Vernichtung von Waldflächen, weil das Verhältnis von Holz zu Holzkohle bei 8:1 lag. Man brauchte etwa 30 Tonnen Holz für eine Tonne Roheisen. „Kein Eisen ohne Wald“ galt für die Metallkocher noch bis Mitte des 19. Jahrhunderts.

Der Ausbau der Eisenhütten ging in Duisburg glücklicherweise mit der Erfindung des Koks einher. Damit konnte die Holzkohle beim Hochofenprozess ersetzt werden. Die handwerkliche Herstellung von Holzkohle in der Köhlerei ging in Deutschland mehr und mehr zurück. Gut für den Wald. Heute ist Grillen mit klimafreundlichem Gas- oder Elektrogrill angesagt. Aber oft schütten wir noch Holzkohle aus den Tropen in unsere Grills – oft ohne es zu ahnen. Erfahrene Grillexperten schauen auf das Herkunftsland. Abholzung und Klimaschutz bleiben ein globales Thema.

Besuchstipp: Stationen im LWL-Freilichtmuseum Hagen informieren unter anderem über den Köhlerberuf. Die traditionelle Holzköhlerei gehört zum immateriellen UNESCO-Kulturerbe.

Zum Weiterlesen: Helmut W. Rodenhausen: Holzkohle: Vom schwarzen Gold zur Glut im Grill; Kai Thomas Platz: Wasser-Kohle-Stahl, Mittteilungen der DGAMN, Bd.29, 2016; Kurt Hofius: Kohle als Heizmittel im 16. Jahrhundert; in Duisburger Forschungen 37,1990

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort