Susis Schicksal hat übrigens einen Namen. Susis Schicksal heißt Marion Zimmermann. Die 43-Jährige steuert seit 1984 Straßenbahnen durch die Stadt. Vor vier Wochen fuhr sie auf der Linie 701 aus Wersten zurück in Richtung Stadtzentrum. Hinter der Brücke über die A46 führen die Schienen durch freies Gelände - da hat der Bahnfahrer auch mal Gelegenheit, den Blick schweifen zu lassen.

Nicht so Marion Zimmermann. Die guckte direkt vor sich auf die Schienen - und sah etwas Schwarzes im Gleisbett glänzen. "Zuerst hab ich gedacht, da läge eine Jacke. Dann fing sie an zu laufen." Marion Zimmermann bremste und brachte den Zug direkt vor dem gepanzerten Urviech zum stehen.

Apropos Panzer: Die Schildkröte stellte sofort auf stur, als sie die Rheinbahn sah. Erstens war sie zuerst auf dem Gleis gewesen. Und zweitens war's ihr erkennbar wurscht, ob Marion Zimmermann da nun klingelte und klingelte. So zu sagen Aug in Aug standen Kröte und Zug einander gegenüber - bis die Rheinbahn-Leitstelle einen Funkwagen schickte und der Fahrer Susi ins Tierheim brachte. Damit begann ihr gesellschaftlicher Aufstieg.

Im Tierasyl an der Rüdigerstraße gibt's zwar einen Tümpel für allerlei Wassergetier. Aber auch ein Sonderabkommen für gefundene Schildkröten. Die kommen zu Martin Hopp. Der ist im Hauptberuf technischer Leiter im Arabella Sheraton Hotel und das seit 17 Jahren. Anfangs hat er sich nur um das Grüne in den grünen Innenhöfen des Flughafenhotels gekümmert. Dann auch um die Flugenten, die sich dort am Hotelteich niederließen.

Irgendwann hat er ein paar Forellen in den Teich gesetzt (ohne dass der Koch was merkte, versteht sich). Dann kamen noch ein paar Koi-Karpfen dazu, und 2001 kaufte Hopp die erste Hotelschildkröte. Die Forellen und Kois sind längst in die ewigen Teiche geschwommen. Dafür teilen sich inzwischen 13Schildkröten das Gewässer mit einer Menge leuchtend bunter Goldfische. Gekauft hat Kopp allerdings nie wieder eine.

Weil man im Tierheim weiß, dass es den Schildkröten im beheizten Hotelteich gut geht, kommen alle Fundtiere der Gattung zum Flughafen. Martin Hopp ist als Besitzer eingetragen, weil's die Bürokratie so will - aber inzwischen sind längst alle Hotelangestellten Schildkröten-Fans, viele wollen inzwischen auch privat welche haben. "Auch der Koch", sagt Martin Hopp. Er musste gestern Marion Zimmermann aber in die Hand versprechen, Susi nie zu Küchenzwecken abzugeben.

Praktikantin durfte Namen aussuchen

Den Namen Susi hat übrigens eine Praktikantin der Rheinbahn für die Schildkröte ausgesucht. Und Glück gehabt: Im Tierheim wurde festgestellt, dass Marion Zimmermann tatsächlich ein Mädchen auf den Schienen gefunden hat. Nun paddelt Susi also mit drei männlichen und neun weiblichen Artgenossen durch den Hotelteich und lässt sich zwei Mal täglich von Martin Hopp füttern. Der ist übrigens der einzige, der die Tiere voneinander unterscheiden kann. Aber einen Namen hat bloß Susi.

Susis Aufstieg hat sie übrigens nicht überheblich gemacht. Als Hopp und seine Kollegin Elke Jacob die Schildkröte im Tierheim abholten, nahmen sie aus purem Mitleid noch zwei mit. Ohne Susi hätten die wohl noch lange auf ein neues Zuhause warten müssen.