Altstadt Auf der Spur des Altbiers

Altstadt · Das Zentrum plus Derendorf-Golzheim und die Geschichtswerkstatt luden zum Rundgang zu den ehemaligen Brauereien in der Altstadt. Führer Manfred Hebenstreit lieferte unterwegs allerlei Anekdoten.

Manfred Hebenstreit kann so herrlich und launig philosophieren, dass einem schon beim Zuhören irgendwann der Mund trocken wird. Aber dagegen gibt es ein Mittel: Altbier. Hebenstreit, ein wandelndes Lexikon der Stadtgeschichte, bittet zu einem Gläschen ins "Füchschen", natürlich nicht ohne den Hinweis, dass die Ratinger Straße einmal die Hauptstraße der Stadt war.

Auf Initiative des Zentrums plus Derendorf-Golzheim bietet Hebenstreit von der Geschichtswerkstatt den mehr als zweistündigen Rundgang auf den Spuren des Obergärigen an. In den fünf Euro ist ein – dringend notwendiges – Gläschen des niederrheinischen Nationalgetränks enthalten. Der nächste Termin ist Freitag, 9. September, Treffpunkt um 16 Uhr am Musikpavillon vor dem Carschhaus.

Von 60 Hausbrauereien in der Stadt sind nur vier übrig geblieben – Uerige, Schumacher, Füchschen und Schlüssel. Alle anderen Alt-Sorten nennt Hebenstreit "Fabrikbiere". Die Standorte der alten Brauereien sind übrigens auf den ersten Blick an den Kellerklappen zu erkennen, durch die einst die Fässer und das Eis zum kühlen gewuchtet wurden.

Gebraut und ausgeschenkt

Einst gab es allein auf der Ratinger Straße sieben Brauereien. "Das bedeutet aber nicht, dass da Tag und Nacht Hochbetrieb gewesen wäre", sagt Hebenstreit, "vielleicht an zwei Tagen in der Woche wurde gebraut, ansonsten wurde ausgeschenkt." Und getrunken. Und zwar im vorderen Teil der Gastwirtschaft, also an der Straßenseite. Hinten wurden Hopfen, Wasser und Malz zu dem vereint, was zu jener Zeit tatsächlich bekömmlicher und gesünder als Wasser war.

Manfred Hebenstreit hat einen fast unerschöpflichen Krug an Geschichten und Anekdoten, die sich durch die Jahrhunderte ziehen. Geschichten über Baas, Zappes und Köbes, dem Boss, dem Zapfer und dem Kellner in den Altbierstuben. Über die vornehme Gesellschaft, die einen guten Tropfen Rebensaft dem angeblich so ollen Alt vorzog. Über Bobbys Schnapsbude im Kreuzherren-Eck, wo in den 50-er und 60-er Jahren die Jazz-Szene blühte.

Fassaden verraten oft Fantastisches. "Überhaupt sollte man öfter mal nach oben schauen, um zu staunen und schlauer zu werden", empfiehlt der Stadtführer und verweist auf eine Inschrift beim "Einhorn" an der Ratinger Straße: "Die jode Seel – et Schmetze Del". Auf diese Art kam Adele Schmitz zu ihrem wohlverdienten Ruhm, denn sie war Handwerksleuten gegenüber gar nicht knausrig und gab gern die eine oder andere Mahlzeit ab, gratis versteht sich. Heute geht hier nichts mehr ohne Hartgeld bei dem Wunsch auf Altbier. Viele Jahre später wurde in der ehemaligen Hauptstraße der Punk geboren und angesichts des schrillen Publikums sorgten die "Toten Hosen" um Campino alias Andreas Frege dafür, dass sie ihrem Namen alles andere als gerecht wurden.

"Kirchen, Klöster, Kneipen", fasst Hebenstreit die Gegend um die Ratinger Straße in drei trockenen treffenden Worten zusammen. Es sei nicht verschwiegen, dass sich hier einmal die Rotlichtszene abspielte und viele Jahrzehnte zuvor die Franzosen aufgrund der früh geöffneten Kneipen einst von der Rue de Matin (Morgenstraße) sprachen, aus der die Rheinländer dann die "Retematäng" machten. Beim Rundgang waren außer Einheimischen auch Fremde dabei, darunter sogar ein Kölner. Der aber erwies sich als sehr nett – und ausgewiesener Düsseldorf-Fan.

(RP)
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