Friseur mit 92 in Düsseldorf Die letzte Dauerwelle ist noch lange nicht gelegt

Düsseldorf · 92 Jahre ist Wolfgang Buhl mittlerweile alt. Ans Aufhören denkt der Besitzer eines Friseursalons im Düsseldorfer Seniorenstift Haus Lörick deshalb noch lange nicht. Die Arbeit mit seinen weitaus jüngeren Kollegen hält den Herrn fit. Ein Besuch.

 Trotz seiner 92 Jahre arbeitet Wolfgang Buhl noch immer vier Tage pro Woche in seinem Salon im Seniorenstift Haus Lörick.

Trotz seiner 92 Jahre arbeitet Wolfgang Buhl noch immer vier Tage pro Woche in seinem Salon im Seniorenstift Haus Lörick.

Foto: Hans-Juergen Bauer (hjba)

Zwei Markenzeichen hat Wolfgang Buhl: seinen Schal und seinen Zopf. Eine extravagante Haartracht für einen Mann, der die 90 schon um ein paar Jährchen überschritten hat. „Ich würde ihn mir ja abschneiden“, sagt er. „Aber meine Mitarbeiterinnen sind dagegen. Deshalb bleibt er dran.“ Er lacht und fügt schelmisch hinzu: „Vielleicht mache ich mir in zehn Jahren mal eine richtige Frisur.“

Schwierig wäre das nicht, er sitzt ja an der Quelle. Wolfgang Buhl betreibt den Friseursalon im Seniorenstift Haus Lörick. Ein Mann der ersten Stunde: 1969 zog er in den Neubau ein, 2019 steht das 50-jährige Jubiläum an. Seine Frau Rosicka, eine Friseurmeisterin, führt das zweite Geschäft in Ratingen, wo das Ehepaar auch wohnt. Der agile alte Herr ist kein ausgebildeter Friseur. Aber er ist die Seele des Salons, der an vier Tagen in der Woche geöffnet ist. Kommt er noch jedes Mal nach Düsseldorf? Es folgt ein erstaunter Blick aus hellwachen Augen: „Natürlich, schon weil ich meine Mitarbeiterinnen hin- und herfahren muss.“ Ein Leben ohne tägliche Pflichten kann Wolfgang Buhl sich partout nicht vorstellen. „Ich brauche den Kontakt und die Begegnungen mit Menschen“, sagt er. „Ratingen ist schön gelegen, wir haben auch einen großen Garten. Aber wenn ich den ganzen Tag zu Hause wäre...“ Energisch winkt er ab. „Meinen Löricker Salon und die Kundinnen würde ich schwer vermissen.

Etliche Bewohner sind über 100 Jahre alt. Darunter gibt es hochinteressante Menschen, mit denen man sich noch sehr gut unterhalten kann.“ Aber er kennt auch die Kehrseite – die Einsamkeit. „Am Anfang kommen die Angehörigen oft, dann wird es weniger und beschränkt sich oft nur noch auf Feiertage. Das tut mir im Herzen weh.“ Umso dankbarer ist Wolfgang Buhl, dass es ihm so gut geht und er allein für sich sorgen kann. „Dafür müsste ich jeden Tag aus Dankbarkeit auf die Knie gehen“, sagt er. Der Salon bereichert ihn. „Alles ganz entspannt. Konkurrenz haben wir hier auch keine zu fürchten.“ Wolfgang Buhl ist ein Organisationstalent. Früher einmal leitete er in und um Düsseldorf ein Dutzend Salons und beschäftigte bis zu 50 Mitarbeiter. „Eine echte unternehmerische Aufgabe“, erzählt er. „Doch irgendwann wurde mir alles zu viel. So wie es jetzt ist, ist es gut.“

Zunächst hatte Wolfgang Buhl noch wenig mit dem Friseurberuf zu tun. In jungen Jahren war er zunächst Berufssoldat. Er stammt aus Bremen, seine Familie hat unter dem Krieg sehr gelitten. Vater und Bruder waren gefallen, auch er wurde schwer verwundet und musste lange im Lazarett bleiben. 1950 reiste er zu einem Verwandtenbesuch nach Düsseldorf, fasste Fuß und bekam eine Stelle bei der Viktoria Versicherung. Seine erste Frau, die jüngste Friseurmeisterin der Region, eröffnete einen Salon am Belsenplatz. Das Glück endete jäh, als sie 1952 bei einem Verkehrsunfall starb. Mit dem so genannten „Witwenprivileg“ der Handwerkskammer durfte Wolfgang Buhl das Geschäft weiterführen, obwohl er selbst nicht ausgebildet war. Deshalb holte er sich schnell Unterstützung. „Ich stellte eine Meisterin ein, und dann kam eines zum anderen“, berichtet er. Die Arbeit mit seinem weitaus jüngeren Team hält ihn spürbar frisch: „Die sagen mir immer, du bist kein alter Herr.“

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