Düsseldorf Stadt verabschiedet sich von Kastanien

Düsseldorf · Einer der urdeutschen Bäume wird wegen einer Bakterienerkrankung in der Stadt nicht mehr nachgepflanzt.

 Die Kastanie zählte vor Ela mit vier anderen Baumarten zu den Gattungen, die nahezu 70 Prozent des Bestandes ausmachten.

Die Kastanie zählte vor Ela mit vier anderen Baumarten zu den Gattungen, die nahezu 70 Prozent des Bestandes ausmachten.

Foto: Archiv

Pfingststurm Ela hat vieles verändert in dieser Stadt: Bäume wurden entwurzelt, Parks und Wälder verwüstet, Schäden an Häusern und Autos verursacht, nicht zuletzt hat der Sturm sogar Menschenleben gefordert.

Der Blick geht inzwischen nach vorne, die Aufräumarbeiten sind bis auf den Stadtwald so gut wie abgeschlossen, neue Bäume werden gepflanzt. Eine Baumart, die allein schon aus kulturhistorischer Sicht wie wenige andere mit diesem Land eng verknüpft ist, wird nicht darunter sein: Die Kastanie hat in Düsseldorf wie auch in anderen deutschen Städten keine Zukunft mehr. Das hat nicht mit ihrer mangelnden Standfestigkeit zu tun, sondern mit einer tückischen Bakterienerkrankung, für die sich die Kastanie als besonders anfällig erwiesen hat.

In zig Ausschüssen und Sitzungen der Bezirksvertretung mussten Fachleute des Gartenamtes in den vergangenen Wochen immer wieder gebetsmühlenartig das wiederholen, was viele offenbar nicht wahrhaben wollen: Es werden keine Kastanien nachgepflanzt, die Gattung aus der Familie der Buchengewächse wird - sehr langfristig gesehen - eines Tages aus unserem Stadtbild verschwunden sein.

Stattdessen müssen sich die Düsseldorfer auf gänzlich neue oder bisher kaum gesehene Baumarten einstellen: wie zum Beispiel den Tulpen- oder den Lederhülsenbaum, die Baummagnolie oder den Amberbaum, die Türkische Hasel oder die Japanische Zelkove, den Ginkgo oder den Wollapfel.

Fotos: Rundfahrt durch Düsseldorf drei Wochen nach Sturm Ela
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Düsseldorf: Ein Monat nach dem Sturm Ela

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Foto: Uwe-Jens Ruhnau

Doch es wird schwer sein, sich damit abzufinden, dass die Kastanie ausgedient hat. Die typisch elliptischen Blätter zählen zu den wenigen, die auch botanische Laien spielend leicht von anderen unterscheiden können. Für viele verbindet sich der Herbst mit Kastanien. Denn nahezu jedes Kind und jeder Erwachsene erinnert sich ans Sammeln von Kastanien, dem Basteln von kleinen Männchen mit Hilfe von Streichhölzern aus der Frucht des Baumes, der sogar in den Märchen der Gebrüder Grimm eine tragende Rolle spielt oder in Andalusien als heilig verehrt wird.

Was für die Kastanie gilt, trifft mit Abstrichen auch auf die Platane zu, bei der der Massaria-Pilz zum Absterben der Krone führt. Doch es ist eben vor allem die Kastanie, die emotional bewegt. Der erforderliche Abschied von ihr hat sich auch bei der Stadt noch nicht überall herumgesprochen. Einer Düsseldorfer Baumspenderin wurde vom Leiter des Friedhofes in Golzheim vorschnell versprochen, dass anstelle einer umgekippten Rosskastanie von ihrem Geld eine neue gepflanzt werde. Sie wird sich ein anderes Exemplar aus der Liste der Zukunftsbäume aussuchen müssen.

Das Entsetzen in den Tagen nach Ela ist längst einem breiten Optimismus gewichen. Ein wenig Wehmut wird da dennoch erlaubt sein.

(RP)
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