Streit um Lärm gefährdet Sportvereine Leserbrief des TV — Grafenberg zum Thema Lärm

Düsseldorf · Der Vorsitzende des TV – Grafenberg nimmt in einem offenen Leserbrief Stellung zum Thema "Streit um Lärm gefährdet Sportvereine".

Streit um Lärm gefährdet Sportvereine: Leserbrief des TV — Grafenberg zum Thema Lärm
Foto: B. Schaller

Der Vorsitzende des TV — Grafenberg nimmt in einem offenen Leserbrief Stellung zum Thema "Streit um Lärm gefährdet Sportvereine".

"Ich kann Herrn Dr. Wiefels nur aus vollstem Herzen zustimmen, der Verein TV Grafenberg hat sich verändert. Bis in die späten 70er und frühen 80er Jahre wäre niemand auf die Idee gekommen, im Sommer bei Feierlichkeiten um 22 Uhr das Clubhaus aufzusuchen. Basketball wurde auf einem Asphaltplatz gespielt (sogar das Training der 1. Mannschaften weiblich und männlich fanden dort statt), dem die dämmende Wirkung des jetzigen Belags völlig abging, und die Anlage verfügte über kein abschließbares Eingangstor. So konnten damals tatsächlich "wilde" Fußballspiele ausgetragen werden. Die 100 Jahrfeier und die zum 111. Geburtstag 1988 bzw. 1999 fanden jeweils in großen Zelten auf der Anlage statt, es wurde über je drei Tage mit Livemusik gefeiert, Schluss war in den frühen Morgenstunden. Auf so eine Idee kämen wir in der Tat heute nicht mehr. Es gibt ein großes Sportwochenende zum 125. Jubiläum, das aber an allen Tagen seine Außenaktivitäten am späten Nachmittag oder frühen Abend beenden wird. Die große Jubelparty findet in geeigneten Räumlichkeiten woanders statt, da diese mit Sicherheit zu Belästigungen von Anwohnern führen würde. Das soll niemand ertragen müssen, der nicht Lust hat, mitzufeiern.

Dies ist der beschriebenen Veränderung geschuldet, und damit können wir gut leben. Möglicherweise waren die Menschen früher duldsamer. Die Gesellschaft hat sich verändert, und damit eben auch der Verein. Es ist ruhiger geworden! Dass sich Herr Dr. Wiefels und seine Gattin einer Kampagne ausgesetzt fühlen, mag wohl damit zusammen hängen, dass er in der Tat der einzige uns bekannte Beschwerdeführer ist, der sowohl uns als auch die bedauernswerten Mitarbeiterrinnen und Mitarbeiter des Sportamts mit seinen ständigen Eingaben und Beschwerden nervt. Ich weiß nicht, ob es weitere Anwohner gibt, die seine Auffassung von unzumutbaren Geräuschen teilen. Die bisherige Reaktion aus der Nachbarschaft lässt uns zu einem völlig anderen Schluss kommen.

Aus ebenso vollstem Herzen muss ich dem Ehepaar Wiefels allerdings widersprechen in der Darstellung, es wären keine Gespräche mit uns möglich gewesen. Es haben Gespräche stattgefunden, niemand hat genickt und dann einfach weiter gemacht. Unserem Clubwirt, Herrn Gellissen gegenüber, ist diese Darstellung nachgerade zu unverschämt. Bei den Telefonaten, die mich wegen der vermeintlichen Lärmbelästigung erreichten, ging es überdies noch nie um Belästigungen nach 21.30 Uhr. Es ging um Kinder, die sich außerhalb der "spielfreien" Zeit am Nachmittag bzw. einmal am frühen Abend (20.20 Uhr) auf dem Platz aufhielten. Im letzen Fall handelte es sich um 3 (in Worten drei) Kinder, die, der derzeitigen Gesetzeslage gemäß, unzumutbaren Industrielärm produzierten. Diese Situation war der Anlass für mich deutlich zu machen, dass ich für diese Art der Beschwerde kein Verständnis mehr aufbringen kann. Dieses Telefonat war kein Streitgespräch, wir waren lediglich unterschiedlicher Auffassung. Als unmittelbarer Anwohner der Sportanlage von Sportfreunde Gerresheim glaube ich wissen zu können, dass von den Sportanlagen kein unzumutbarer Lärm ausgeht.

Amüsiert hat mich aber in der Tat die Darstellung, hier handele es sich um eine Art Klassenkampf gegen einen feingeistigen, promovierten, Rotwein genießenden Intelektuellen, angezettelt von einer Horde dem Prekariat entstammender, Bier und Schnaps vernichtender Postneanderthaler, die statt dem Auerochsen nun dem Ball hinterher jagen und anschließen lärmende Weihefeste ob der erfolgreichen Jagd abhalten. Ach wenn doch der feingeistige Belästigte einmal von seinem mit Bordeauxwein umrankten Elfenbeinturm herabstiege, so stellte er fest, wie fruchtbar und geistreich Gespräche zwischen akademisch und handwerklich ausgebildeten Menschen sein kann. Er stellte fest, dass es auch außerhalb der Kulturenklaven Arbeiter und Angestellte gibt, die Gespräche mit Witz und Esprit zu führen in der Lage sind, an denen sich so manch promovierter Geist gerne erfreute. Der filigrane Umgang mit dem Schraubendreher mag der Gesellschaft ebenso nützlich sein, wie der mit der Schreibfeder. Es mag sein, dass Herr Dr. Wiefels und seine Gattin Hölderlin, Rilcke und Heinrich Heine besser kennen als so mancher, der hier beim TV Grafenberg verkehrt. Ich bin mir aber gewiss, gerade letztgenannter, der größte Sohn unserer Stadt, fühlte sich, wenn er denn noch einmal in seine so blumig gelobte Heimatstadt zurück kehren könnte, uns deutlich näher als dem Nachbarn.

Lassen Sie mich abschließend, liebe Leserinnen und Leser dieser Zeilen, noch erwähnen, dass es sicherlich mehrere Arten gibt, seine Freizeit zu verbringen. Man kann dies auf der Terrasse im Grünen mit einem gepflegten Glas Rotwein und der dazu gebotenen Ruhe tun. Dies ist eines jedem Recht (auch wenn nicht ein jeder die Möglichkeit dazu hat). Man kann aber auch, und das ist auch die persönliche Entscheidung eines jeden einzelnen, einen großen Teil seiner Freizeit ehrenamtlich in Vereinen und Verbänden am Dienst der Allgemeinheit tun. Beides hat seine Berechtigung, zu letzteren ist niemand gezwungen. Aber den ehrenamtlich Tätigen gebührt auch Respekt für ihr Engagement entgegengebracht. Herr und Frau Wiefels hassen mit Sicherheit keine Kinder! Aber besonders viel Verständnis zeigen sie auch nicht. Vielleicht ist das Recht auf ihrer Seite, die Moral meiner Meinung nach aber nicht."

Uli Geduldig

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