Zu Besuch beim Poetryslam-Workshop Mit Power, Pepp und Wumms

Düsseldorf · Fast 500 Mal ist die Düsseldorfer Poetryslammerin Aylin Celik schon aufgetreten. Im Zakk gibt sie regelmäßig Workshops, bei denen sie Einblicke in die Welt des Poetryslams bietet.

 Die 22 Jahre alte Aylin Celik im Zakk. Hier arbeitet sie, gibt Workshops und tritt selbst auf.

Die 22 Jahre alte Aylin Celik im Zakk. Hier arbeitet sie, gibt Workshops und tritt selbst auf.

Foto: Bretz, Andreas (abr)

„Power, Pepp und Wumms braucht es“, sagt sie. Ein tiefer, kontrollierter Atemzug und ein kleines verschmitztes Lächeln. Dann macht Aylin Celik vor, was sie meint. Aus vielen Wörtern, mit kraftvoller Stimme betont vorgetragen, wird ein rhythmisches Gedicht. Seit 2013 trägt die Düsseldorfer Poetryslammerin ihre mal lustigen, mal gesellschaftskritischen Texte dem Publikum vor. Im Zakk gibt sie regelmäßig Workshops, in denen die 22-Jährige ihren Teilnehmern die besondere Kunst des Poetryslams nahebringt. Es ist eine Reise in eine eigene Welt.

Neugier und Erstaunen ist in den Gesichtern der 30 Workshop-Teilnehmer im Zakk zu sehen, als Celik anfängt, ihren neuesten Text „Zwischen den Zeilen“ vorzutragen. Die meisten der Teilnehmer sind so alt wie Celik und bringen bereits eigene Poetryslam-Texte mit, doch sie so energisch und voller Gesten vorzutragen, ist für sie neu. Celik dagegen tut das mit großer Routine. „Meine Mama wollte früher immer, dass ich zwischen den Zeilen lese“, erklärt sie die Idee zum Text. „Ich habe mich immer gewundert: Da steht doch nix.“ Doch mit der Zeit habe sie begriffen, dass dort die besten Themen für Poetryslams schlummerten.

Die ersten Versuche, „zwischen den Zeilen zu lesen“, hat Celik in einem Poetryslam-Schulworkshop gemacht. Ein anschließender Auftritt im Musikraum ihrer Schule war der Anfang. „Es gab immer nur Theater-AGs. Damit konnte ich mich nie krass identifizieren. Aber eigene Texte nicht nur zu lesen, sondern zu performen, faszinierte mich.“ Im Gegensatz zum Theater gebe es beim Poetryslam keine Skripte, die man vorgesetzt bekomme, sagt sie. „Auf der Bühne genieße ich die vollkommene Freiheit, wie ich meine eigenen Worte vortrage.“

Ob rhythmisch wie ein Rap-Song, lyrisch wie ein Gedicht oder komplett ohne Reime – Grenzen gibt es beim Poetry Slam kaum. Aber Celik hat Vorlieben: Auftritte vor großem Publikum finde sie einfacher als im kleinen Kreis, erklärt sie den Einsteigern. „In großen Hallen erkennt man keine einzelnen Gesichter.“ Bei humoristischen Texten erkenne man durch die Lacher schnell, ob es dem Publikum gefällt. „Bei ernsten Texten ist immer unklar, ob die Leute pennen oder mitfühlen.“

Es sich einfach machen und den bequemen Weg wählen, ist nicht Celiks Ding. Sie sagt, was sie denkt. Oftmals eckt die 22-Jährige damit an, polarisiert und fasziniert zugleich. Die meisten ihrer Texte sind gesellschaftskritisch, handeln von Rechtsruck und Rassismus. Ein sexistischer Chef, der Celik und ihre weiblichen Kolleginnen an die Kasse setzte, weil „das Einräumen von Regalen für ihn Männersache war“, so Celik, wird dann schnell einmal zur Inspirationsquelle ihrer Texte. Polarisieren sei gut, sagt sie, schränke aber auch ein: „Einem mit dem Zeigefinger schwingender Oberlehrer will niemand zuhören.“ Aufmerksamkeit für ihr Thema und ein Gefühl für die Lyrik möchte sie vermitteln.

Für Einsteiger sei das Thema aber nicht das Wichtigste. Sie erklärt den Workshop-Teilnehmern: „Schlechte Themen gibt’s nicht, nur schlecht vorgetragene.“ Unzählige Stunden hat sie früher vor dem Spiegel verbracht, um Texte zu üben. Nach mittlerweile hunderten Auftritten und dem dreimaligen Erreichen des Halbfinales der deutschen Poetryslam-Meisterschaft hat sie an Routine gewonnen. 

Doch so ganz vertraut Celik der Slamwelt noch nicht: „Ich möchte auf jeden Fall mein Germanistik-Studium durchziehen und etwas Festes in der Hand haben.“ Denn auch stressige Zeiten hat sie bereits erlebt. „Ich habe meine Hausarbeiten im Zug geschrieben und bin mit dem Nachtzug direkt zum Uni-Seminar gedüst“, berichtet sie von einer Zeit, in der sie monatlich bis zu 15 Auftritte in ganz Deutschland hatte. Ihre Freunde und Familie sah sie in dieser Zeit kaum. Mittlerweile lässt es Celik, die nebenbei im Zakk arbeitet, jedoch ruhiger angehen. „Bei sechs Auftritten ist die Freude über jeden einzelnen viel größer“, sagt sie. Dann könne man viel mehr Leidenschaft in einen Text legen. Oder wie sie es nennt: Power, Pepp und Wums.

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