Analyse Kinder tragen Friedensgedanken in sich

Dinslaken · RP-Thema Gesundheit ist in Deutschland auf den ersten Platz zentraler Werte gerückt. Auch Anerkennung, Erfolg und Frieden sind für die Menschen von großer Bedeutung. Zum Jahreswechsel lesen Sie vier Beispiele.

 Posieren für den Fotografen: Thomas Jacobs (Mitte) steckt viel Herzblut in seine Arbeit als Leiter des Dinslakener Friedensdorfs, das sich jährlich um mehrere Hundert verletzte Kinder aus der ganzen Welt kümmert.

Posieren für den Fotografen: Thomas Jacobs (Mitte) steckt viel Herzblut in seine Arbeit als Leiter des Dinslakener Friedensdorfs, das sich jährlich um mehrere Hundert verletzte Kinder aus der ganzen Welt kümmert.

Foto: Martin Büttner

Seit über 30 Jahren kümmert sich Thomas Jacobs, Leiter des internationalen Friedensdorfs in Dinslaken und Oberhausen, um notleidende Kinder aus der ganzen Welt. Für ihn gibt es im Ruhrgebiet keinen anderen Ort, wo der gemeinsame Frieden stärker vorgelebt wird als dort. "Kinder unterschiedlicher Herkunft, Hautfarbe und Religion leben in unserer Einrichtung einen beispielhaften Solidargedanken vor", sagt der 58-Jährige.

Fast täglich flimmern über die Fernsehbildschirme der Republik Bilder von Krieg, Terror und Zerstörung. Verwüstete Städte, verletzte Menschen sowie maßloses Elend sind die Folgen sinnloser Vernichtung. Die Leidtragenden sind meist die schwächsten der Schwachen — die Kinder. Im Dinslakener Friedensdorf, dessen Heimeinrichtung auf Oberhausener Stadtgebiet an der Rua Hiroshima 1 steht, werden Jahr für Jahr mehrere Hundert verletzte und verwundete Kinder aus Kriegsgebieten medizinisch versorgt und bekommen für einige Monate ein Dach über den Kopf. Für die dort beheimateten Kinder aus aller Welt, von Angola bis Tadschikistan, sind Bilder von Krieg und Zerstörung nämlich bittere Realität, die sie schon am eigenen Körper erfahren mussten.

Für Thomas Jacobs steht das Thema "Frieden" auf der täglichen Agenda. "Ich glaube nicht, dass weltweiter Frieden eine Utopie bleiben muss", sagt Jacobs. Sicher ist sich der Friedensexperte aber, dass Frieden auf Erden nur durch einen Verzicht auf Waffen jeglicher Art erzielt werden kann: "Der Weg zum Frieden kann nur in zwei Schritten erfolgen. Zunächst einmal müssen wir der heranwachsenden Generation vermitteln, was es bedeutet, Toleranz und Miteinander vorzuleben. Im nächsten Schritt müssen wir dann von der Gesellschaft her übereinkommen, dass weltweiter Frieden nur ohne den Einsatz von Militär zu erreichen ist. Wenn wir das nicht schaffen, wird es auch keinen Frieden geben."

Viele Kinder die Jacobs in seiner Zeit im Friedensdorf kennengelernt hat, stammen aus Kriegsgebieten wie Irak und Afghanistan. "Die Lage in diesen Ländern ist katastrophal und die Zukunft mehr als ungewiss. Es sind aber auch Beispiele dafür, welch einen Schaden militärische Interventionen anrichten können. Deshalb muss es ein globales Ansinnen sein, weltweiten Frieden erreichen zu wollen. Wir als kleine Einrichtung können nur einen minimalen Teil dazu beitragen", sagt Jacobs. Der engagierte Sozialpädagoge ist sich sicher, dass die Bewohner des Friedensdorfs in ganz besonderer Weise gemeinsamen Frieden praktizieren. "Die Kinder tragen den Friedensgedanken in sich, obwohl sie trotz ihres jungen Alters schon schreckliche Geschehnisse und Gewalt ertragen mussten. Was hier passiert, ist tatsächlich vorgelebter Frieden", sagt der Leiter der Hilfseinrichtung, der zudem glaubt, dass die Kinder nach ihrem Aufenthalt in Deutschland den Friedensgedanken mit in ihre Heimatländer tragen.

"Davon bin ich sogar überzeugt, selbst wenn es bei vielen Kindern unterbewusst passiert." Als Beispiel dafür nennt Jacobs den Berufswunsch vieler seiner Schützlinge: "Ich glaube, dass fast 80 Prozent der hier beheimateten Kinder später gerne einmal Arzt werden wollen. Das eigentlich Betrübliche an unserer Arbeit hier ist, dass wir wissen, dass die meisten in ihren Heimatländern niemals die Chance bekommen, solch einen zivilen Beruf auszuüben."

Dabei hält Jacobs die zumeist schwer verwundeten Kinder für besonders aufmerksam und wissbegierig: "Innerhalb kürzester Zeit lernen sie die Sprachen der jeweils anderen Kinder spielerisch kennen. Obwohl wir keinen systematischen Sprachunterricht mit ihnen machen, können die afghanischen Kinder nach ihrem drei- bis sechsmonatigen Aufenthalt sich beispielsweise nicht nur bestens auf Deutsch, sondern auch in den Sprachen der anderen Kinder artikulieren. Das ist schon erstaunlich."

Seine Einstellung zum Frieden erklärt sich Jacobs durch seine Erfahrungen in der Jugend. "In meiner Kindheit habe ich viel mit Gleichaltrigen zu tun gehabt, die selbst eine schlimme Zeit in Lagern verbracht haben — das hat mich natürlich in gewisser Hinsicht geprägt, genau wie das Friedensdorf selbst, für das ich mittlerweile schon seit 1980 tätig bin."

www.friedensdorf.de

(RP)
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