Lagebild zu Gewalt Etwa jeder zweite Polizist in NRW wird im Dienst angegriffen

Düsseldorf · Polizeibeamte riskieren ihr Leben im Dienst für die Allgemeinheit. Im schlimmsten Fall sterben sie im Einsatz. Tausendfach werden sie bedroht, attackiert, bespuckt oder beleidigt. Ein neues Lagebild zeigt ein alarmierendes Ausmaß an Gewalt.

 Fast jeder zweite Polizist in NRW ist 2019 das Opfer eines Angriffs geworden. (Symbolbild)

Fast jeder zweite Polizist in NRW ist 2019 das Opfer eines Angriffs geworden. (Symbolbild)

Foto: dpa/Carsten Rehder

Etwa jeder zweite Polizeibeamte ist im vergangenen Jahr in Nordrhein-Westfalen Opfer von Angriffen geworden. Insgesamt waren 18.541 Polizisten betroffen - 332 weniger als ein Jahr zuvor. Das geht aus dem aktuellen Lagebild des Landeskriminalamts zu Gewalt gegen Polizisten hervor, das der Deutschen Presse-Agentur in Düsseldorf vorliegt. Fast drei Viertel der betroffenen Beamten blieben demnach unverletzt.

In neun Fällen sei allerdings auf Polizeibeamte geschossen worden, berichtete Innenminister Herbert Reul (CDU) am Mittwoch in einer Aktuellen Stunde des Düsseldorfer Landtags. Im Jahr zuvor seien dies erst vier Fälle gewesen. In insgesamt 21 Fällen sei den Beamten mit einer Schusswaffe gedroht worden.

Besonders schlimm sei, dass im vergangenen April erstmals in der Geschichte der Spezialkommandos in NRW ein Beamter im Dienst getötet worden sei, sagte Reul. Der 28-Jährige war von einem Verdächtigen erschossen worden.

Reul forderte mehr Rückendeckung und eine positive Einstellung der Gesellschaft zur Polizei. In den vergangenen Wochen hatten mehrere Gewalttaten gegen Polizisten in NRW für Entsetzen gesorgt.

Insgesamt erfassten die Kreispolizeibehörden 9241 Delikte (2018: 9308) mit Gewalt gegen Polizisten, die zum Teil mehrere Opfer betrafen. Fast alle Fälle wurden aufgeklärt. Die Zahl der tätlichen Angriffe erhöhte sich um rund 21 Prozent auf 1907 Fälle.

Die 8354 ermittelten Tatverdächtigen (2018: 8458) sind weit überwiegend männlich. Der größte Anteil - rund 41 Prozent - gehört der Altersgruppe der 25- bis unter 40-Jährigen an. 42 waren sogar unter 14 Jahre alt. Mehr als die Hälfte der Tatverdächtigen stand unter Alkoholeinfluss. Zwei leisteten sich eine exhibitionistische Einlage vor Polizisten. Die gefährlichsten Einsatztage für die Polizei sind laut Lagebericht Wochenenden und Feiertage.

Fast 30 Prozent der Tatverdächtigen waren Ausländer. Ihr Anteil an den Verdächtigen sei viel höher als ihr Anteil in der Bevölkerung, stellte AfD-Fraktionschef Markus Wagner fest. Laut Statistischem Landesamt waren Ende 2018 über 2,6 Millionen der fast 18 Millionen Einwohner in NRW ausländischer Staatsangehörigkeit.

Wagner forderte, Stärke zu zeigen gegen „asoziales und gewalttätiges Treiben“ von jedweder Seite. Der Staat brauche auch „keine Weichei-Justiz, die Polizei und andere Opfer im Stich lässt“.

Reul wies die Erklärung als unzutreffend zurück - ebenso wie den Vorwurf der SPD, er habe kein Gesamtkonzept zum Schutz seiner Polizei. „Ich bin auch nicht der Typ, der hier Konzepte macht, sondern ich bin derjenige, der dafür sorgt, dass sich was ändert und dass gehandelt wird“, unterstrich der Minister. Das sei an vielen Stellen - etwa mit verbesserten Schutzausrüstungen - geschehen.

Der SPD-Abgeordnet Hartmut Ganzke hinterfragte den Sinn der von CDU und FDP beantragten Aktuellen Stunde. Auch die Vizevorsitzende der Grünen-Fraktion, Verena Schäffer, vermisste konkrete Vorschläge aus dem Koalitionslager und sprach von „dünner Suppe“.

(chal/dpa)
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