Umberto Eco las in Köln

Köln Unser Literatur-Zirkus verführt zu bemerkenswerten Rundreisen: Noch am Sonntag hatte Umberto Eco in der Frankfurter Paulskirche den Worten von Friedenspreisträger Bouemal Sansal aus der ersten Reihe gelauscht; einen Tag später las Eco in der ausverkauften Kölner Oper aus dem eigenen Werk, während ein paar Meter weiter im Schauspiel der Domstadt Sansal seinen nächsten Auftritt hatte.

Und wir, die Literaturtouristen, zogen fröhlich mit und weilten nun beim italienischen Starautor, der mit seinem neuen Historienroman über den Fiesling, Fälscher und Judenhasser Simonini zum Wochenbeginn gleich auf dem vierten Platz der Bestsellerliste landete. Auch das adelte diesen Abend zum Abschluss der kleinen Sonder-Lit.Cologne.

Der 79-jährige Autor, Semiotiker und stolzer Inhaber von 33 Ehrendoktortiteln hat mit "Der Friedhof in Prag" ein verzwicktes Werk über die Dummheit der Menschen geschrieben, über Vorurteile und deren katastrophale historische Folgen. Und Simonini teilt zünftig und unverfroren nach allen Seiten aus, wobei man in Köln durchaus den Eindruck gewinnen könnte, dass Eco manche Frechheiten seines dubiosen Helden nicht ungern vortrug: zum extremen Bierkonsum der Deutschen etwa und deren eklatanten Verdauungsproblemen. Aber auch Bosheiten über die Einfalt jener Leute, die an die Echtheit der Heiligen Drei Könige glaubten. "Und so weit ich weiß, werden sogar ihre sterblichen Reste irgendwo verehrt", darf bei ihm Simonini sagen. Dass dieses "irgendwo" genau Köln ist, worauf Moderator Denis Scheck hinwies, wusste Eco allzu genau, zumal er mit dieser Stadt ganz offenbar noch eine Rechnung offen hat: Schließlich, so Eco, habe der Kölner Erzbischof Rainald von Dassel die Gebeine der Magier 1164 aus seinem geliebten Mailand geraubt. So blieb in den Worten Umberto Ecos – der mit einer Deutschen verheiratet ist – eine ironisch grundierte Kränkung noch über Jahrhunderte hinweg spürbar.

Ganz gleichgültig war Umberto Eco dieses "irgendwo" freilich nicht: Am Nachmittag nahm er an einer Spezialführung teil – zum Schrein der Magier und entlang der Dächer des Hohen Doms zu Köln.

(RP)
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