Valletta Triumph für Hanekes "Liebe"

Valletta · Beim Europäischen Filmpreis wurde der Österreicher vier Mal ausgezeichnet

Der Unterschied hätte größer kaum sein können: Moderatorin Anke Engelke tobte gewohnt quirlig über die Festbühne, zeigte sich zunächst in einer Ritterrüstung und später gänzlich hüllenlos. Der große Sieger des Abends dagegen, der österreichische Regisseur Michael Haneke, hätte allen Grund zum Jubeln gehabt: Sein Drama "Liebe" um Alter und Tod siegte vier Mal beim Europäischen Filmpreis, darunter für den Besten Film und die Beste Regie. Doch Haneke nahm die Trophäen gewohnt wortkarg entgegen, dankte knapp seinem Team – und verschwand von der Bühne.

"Es ist angenehm und hilft bei der nächsten Produktion", war alles, was er sich später zu seinem Triumph entlocken ließ. Dabei schaffte der in München geborene Haneke etwas Seltenes – er gewann bereits mit seinem zweiten Film in Folge den begehrten Hauptpreis. Vor drei Jahren hatte er mit dem Antikriegsdrama "Das Weiße Band" gesiegt. Nun also gleich vier Preise: zwei für Haneke selbst und zwei für seine beiden Hauptdarsteller: Die beiden Franzosen Emmanuelle Riva (85) und Jean-Louis Trintignant (81) wurden als Beste Schauspieler geehrt, konnten ihre Preise aber bei der Gala in Valetta auf Malta nicht persönlich entgegennehmen.

Neben Regisseur Bernardo Bertolucci kam Schauspielerin Helen Mirren ("The Queen"), die für ihren Beitrag zum Weltkino gewürdigt wurde, sichtlich bewegt auf die Bühne. "Das ist so wunderbar und kam so völlig unerwartet", bekannte sie und erzählte dem Publikum von ihren Anfängen. Als 16-Jährige war sie im englischen Brighton an regnerischen Nachmittagen in ein Programmkino geflüchtet und hatte von den großen Stars geträumt. "Es ist unglaublich, nun auf einer Stufe mit ihnen zu stehen, wie etwa Hanna Schygulla!", rief Helen Mirren.

Das deutsche DDR-Drama "Barbara" blieb ohne Auszeichnung, doch Regisseur Christian Petzold nahm's gelassen. "Wahrscheinlich hätte man mit solch einem Stoff in den USA eher Chancen als in Europa", hatte er schon vor der Gala angemerkt. Möglicherweise bietet sich ihm diese weitere Möglichkeit: Denn Deutschland hat "Barbara" ins Rennen um den Oscar für den Besten fremdsprachigen Film geschickt.

Dass auch die französische Erfolgskomödie "Ziemlich beste Freunde" um einen Rollstuhlfahrer und seinen Pfleger ohne Auszeichnung blieb, enttäuschte manche. Eine mögliche Erklärung hatte der dänische Regisseur Thomas Vinterberg, der für das Drama "Die Jagd" zusammen mit Tobias Lindholm für das Beste Drehbuch ausgezeichnet wurde. "Im europäischen Kino lieben wir Verlierer, auch ich mag Verlierer. Aber wenn wir mehr Publikum in unsere Filme locken wollen, sollten wir vielleicht mehr Geschichten über Gewinner machen", sagte er.

(dpa)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort